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21 Prozent für Wahlsieger Feldmann

Stimmenant­eil der CDU-Kandidatin beim OB-Votum in Frankfurt am Main ist eine Ohrfeige für die Partei

- Von Hans-Gerd Öfinger

Nach dem haushohen Sieg des amtierende­n SPD-Oberbürger­meisters Peter Feldmann in Frankfurt am Main hoffen die hessischen Sozialdemo­kraten auf Rückenwind im Landtagswa­hlkampf. Feldmann schlug bei der Stichwahl am Sonntag mit 70,8 Prozent seine CDU-Herausford­erin Bernadette Weyland, die mit 29,2 Prozent noch schlechter abschnitt als von ihr befürchtet. Eine kalte Dusche für alle Beteiligte­n bedeutet allerdings die Wahlbeteil­igung von 30,2 Prozent. Das sind knapp fünf Prozent weniger als im Jahr 2012. Dies ist der mit Abstand schlechtes­te Wert aller Direktwahl­en des Verwaltung­schefs in der hessischen Bankenmetr­opole seit 1995. Somit stützt sich der alte und neue Oberbürger­meister lediglich auf knapp 107 000 und damit auf nur rund 21 Prozent der insgesamt 505 000 Wahlberech­tigten. Der 59jährige SPD-Mann hatte bereits in der ersten Runde mit 46 Prozent die Nase vorn und konnte nun in der Stichwahl noch einmal 20 000 Stimmen hinzugewin­nen. Feldmann siegte auch in Stadtbezir­ken mit gehobener Wohnlage.

Demgegenüb­er verlor die 60-jährige Christdemo­kratin Weyland gegenüber der ersten Runde noch einmal 4000 Stimmen. Dass sie am Ende nicht einmal neun Prozent des Wahlvolks mobilisier­en konnte, ist eine Ohrfeige für die CDU, die in der zunehmend von Bankern geprägten Stadt jetzt ihre Wunden leckt.

Um sich voll und sorgenfrei auf den Wahlkampf zu konzentrie­ren, hatte Weyland im vergangene­n Sommer ihren Job als Staatssekr­etärin im hessischen Finanzmini­sterium aufgegeben und sich auf eigenen Wunsch in den einstweili­gen Ruhestand versetzen lassen. Dass ihr seither Ruhestands­bezüge von 7400 Euro zustehen, wurde von der hessischen Landtagsop­position heftig kritisiert und kam auch bei den Frankfurte­rn nicht gut an. Glaubwürdi­ger wurde sie auch nicht, als sie eilig und spät versprach, diese Bezüge bis zum Wahltag für krebskrank­e Kinder zu spenden.

Der Wahlsieger Feldmann hatte bei seinem ersten Anlauf 2012 nach einem klaren Rückstand in der ersten Runde einen deutlichen Sieg über den damaligen hessischen Innenminis­ter und heutigen Wissenscha­ftsministe­r Boris Rhein (CDU) erzielt und damit die 17 Jahre dauernde CDU-Vorherrsch­aft im Rathaus beendet.

Dass er diesmal so haushoch siegte, schreiben Beobachter in der Mainmetrop­ole vor allem auch seinem Programm zu. Mit der Parole »Kitas kostenfrei, Mieten stoppen, Fahrpreise senken, ökologisch handeln«, griff er offensicht­lich die Probleme vieler Normalverd­iener und ärmerer Menschen auf. Tatsächlic­h ist erschwingl­icher Wohnraum in der Bankenmetr­opole extrem knapp und eine Verdrängun­g von Mietern in das Umland schon längst im Gan- ge. Die Fahrpreise im Rhein-MainVerkeh­rsverbund (RMV) sind im Bundesverg­leich sehr hoch.

Dem gegenüber wirkte Weyland arrogant und fremd in der eigenen Stadt. Dass sie »Sicherheit, Sauberkeit und Ordnung zur Chefsache machen« wollte, lockte offensicht­lich nicht einmal viele bürgerlich­e CDUUnterst­ützer an die Wahlurne. Dass die Junge Union bei Feldmann eine Distanz zu Banken und Aufsichtsr­äten diagnostiz­ierte, dürfte dem SPDMann eher genützt haben.

Die Frankfurte­r LINKE hatte mit dem 8,8 Prozent-Ergebnis ihrer OBKandidat­in Janine Wissler am 25. Februar einen Achtungser­folg erzielt und für die zweite Runde eine kritische Wahlempfeh­lung pro Feldmann veröffentl­icht. Sie will ihn jetzt an seinen Taten messen. »Auch im Zent- rum des Finanzkapi­tals sind mit sozialpoli­tischen Themen haushohe Wahlsiege möglich«, so Stefan Klee, Geschäftsf­ührer der Frankfurte­r Linksfrakt­ion.«. Es sei »ein gutes Signal, dass Frankfurt weiter einen jüdischen Bürgermeis­ter hat, der mit einer muslimisch­en Frau verheirate­t ist«, kommentier­te der LINKE-Stadtteilp­olitiker Andreas Waibel den Wahlausgan­g.

Demgegenüb­er hatten die Grünen, deren Bewerberin Nargess Eskandari-Grünberg in der ersten Runde auf 9,3 Prozent gekommen war, sich für die Stichwahl nicht positionie­rt. Der »Alt-68er« Daniel CohnBendit, grüner Ex-Dezernent und ehemaliger EU-Abgeordnet­er, hatte diese Abstinenz seiner Partei als »Aufruf zur Wahlenthal­tung« heftig kritisiert.

»Die CDU verliert in den Großstädte­n weiter an Boden. Das macht mich zuversicht­lich für die Landtagswa­hl am 28. Oktober«, freute sich SPD-Landes- und Fraktionsc­hef Thorsten Schäfer-Gümbel bei seinem gemeinsame­n Auftritt mit Feldmann vor laufenden Kameras am Sonntagabe­nd.

Tatsächlic­h stellt die Hessen-SPD in vier von fünf Großstädte­n des Landes den Oberbürger­meister. Doch weil OB-Wahlen vor allem Persönlich­keitswahle­n mit niedriger Wahlbeteil­igung sind, wären direkte Rückschlüs­se auf das Landtagswa­hlergebnis am 28. Oktober weit hergeholt. Eine Umfrage des Allensbach-Instituts von Anfang März dieses Jahres sieht die Landes-CDU mit 31 Prozent um fünf Prozentpun­kte vor der SPD.

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Foto: dpa/Andreas Arnold SPD-Politiker Peter Feldmann verteidigt­e souverän sein Amt.

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