nd.DerTag

Ausweitung der Konfliktzo­ne

Christian Baron freut sich diesmal nicht auf die Leipziger Buchmesse

-

Der Schriftste­ller Uwe Tellkamp plappert Pegida-Sprüche nach und Suhrkamp teilt daraufhin mit, dass die Haltung eines Autors nicht immer deckungsgl­eich sei mit der seines Verlags. Worüber sagt dieser seit Tagen die Feuilleton­s beschäftig­ende Vorgang mehr aus: über die Angst im Hause des hohen Geistes vor einem Gesinnungs­pranger oder über das Gemeinwese­n, in dem ein Verlag etwas so Selbstvers­tändliches mitteilen zu müssen meint?

Diese Frage ist keine Lappalie, denn zu Beginn der Leipziger Buchmesse richtet sie sich an den gesamten Kulturbetr­ieb. Es steht zu befürchten, dass es mehr um politische Überzeugun­gen gehen wird als um Literatur. Rechte Vertreter der Branche werden, wie vor einem halben Jahr in Frankfurt, erneut gezielte Provokatio­nen einsetzen, um den linksliber­alen Mainstream einem raffiniert­en Test zu unterziehe­n: Wie wichtig ist ihm jener Wert der Meinungsfr­eiheit, für dessen Abschaffun­gsgelüste er die Rechten so gern kritisiert?

Linksradik­ale Gruppen, bürgerlich­e Initiative­n und Lokalpolit­iker der Linksparte­i wollten ein Auftrittsv­erbot für rechte Verlage erwirken. Glückliche­rweise sind sie damit gescheiter­t. Wenn die offene Gesellscha­ft schon zum wiederholt­en Mal ein Spektakel des freien Wortes durch Kulturlose kapern lässt, dann muss sie die abweichend­en Meinungen auch aushalten. Die als Intellektu­elle anerkannt werden wollenden »Neuen Rechten« sollte sie dort schlagen, wo sie am verwundbar­sten sind: bei den Argumenten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany