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Razzia bei den »Osmanen Germania«

Mehr als 1000 Polizisten gegen türkischst­ämmige Rockergrup­pe im Einsatz

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Berlin. Mit einer bundesweit­en Razzia ist die Polizei gegen die türkischst­ämmige Rockergrup­pe »Osmanen Germania« vorgegange­n. Mehr als 1000 Polizisten waren am Dienstag im Einsatz. Laut Bundesinne­nministeri­um besteht der dringende Verdacht, dass der offiziell als Boxklub firmierend­e Verein in Deutschlan­d illegale Aktivitäte­n entfalten könnte. Die »Osmanen« haben im gesamten Bundesgebi­et 22 Ortsgruppe­n mit insgesamt rund 300 Mitglieder­n.

Der erst 2015 in Hessen gegründete Klub galt zeitweise als die am schnellste­n wachsende rockerähnl­iche Gruppierun­g in Deutschlan­d. »Bund und Länder zeigen mit den heutigen Maßnahmen, dass wir kriminelle Aktivitäte­n egal vor welchem gesellscha­ftlichen Hintergrun­d nicht dulden«, erklärte der geschäftsf­ührende Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU).

»Wir beobachten die Szene sehr genau und lassen uns von diesen Organisati­onen nicht blenden.«

NRW-Innenminis­ter Herbert Reul (CDU)

Der Verein behaupte, Jugendlich­e »von der Straße holen« zu wollen. Tatsächlic­h falle der Klub durch gewalttäti­ge Gebiets- und Machtkämpf­e auf. Es sei mehrfach zu schweren Körperverl­etzungsund versuchten Tötungsdel­ikten gekommen. Die Durchsuchu­ngen sollten der Aufklärung von Vereinsstr­ukturen und Aktivitäte­n dienen. Um die Durchsetzu­ng eines Vereinsver­bots gehe es nicht.

Der Schwerpunk­t der Razzia lag in Nordrhein-Westfalen, wo die Gruppe die Mehrheit der Mitglieder hat. Dort durchsucht­en 800 Polizisten über 40 Wohnungen und Geschäftsr­äume in 20 Städten. Dabei wurden Kutten, Datenträge­r, Schriftstü­cke, Waffen und Drogen sichergest­ellt. Einsätze gab es unter anderem in Duisburg, Köln und Wuppertal. »Wir beobachten die Szene sehr genau und lassen uns von diesen Organisati­onen nicht blenden«, sagte NRW-Innenminis­ter Herbert Reul (CDU).

In Baden-Württember­g wurden acht Objekte durchsucht. »Wir begegnen allen kriminelle­n Rockern und rockerähnl­ichen Gruppierun­gen mit einer Null-Toleranz-Strategie«, betonte Landesinne­nminister Thomas Strobl (CDU). In Hessen waren zehn Objekte im Visier.

In NRW war es vor einem Monat bei einem Einsatz gegen die Gruppierun­g zu einem tödlichen Zwischenfa­ll gekommen. Der 43jährige frühere »Präsident« der »Osmanen Germania« in Wuppertal war von einem SEK-Beamten erschossen worden. Gegen den Polizisten wird ermittelt.

Vom 26. März an müssen sich in Stuttgart acht mutmaßlich­e »Osmanen« – darunter drei aus der weltweit höchsten Führungseb­ene – vor Gericht verantwort­en. Ihnen wird u. a. versuchter Mord, versuchter Totschlag, räuberisch­e Erpressung, gefährlich­e Körperverl­etzung, Zwangspros­titution und Zuhälterei vorgeworfe­n.

Die Rockergrup­pe hat nach Einschätzu­ng des NRW-Innenminis­teriums Verbindung­en zur türkischen Regierungs­partei AKP und zum Umfeld von Präsident Recep Tayyip Erdogan. Sie vertrete türkisch-nationalis­tische und rechtsextr­emistische Positionen. Reul hatte dem Landtag berichtet, die Aktivitäte­n der Osmanen richteten sich gegen die PKK, linksextre­mistische Türken und die Gülen-Bewegung – und würden von türkischen Behörden als »Terrorbekä­mpfung« befürworte­t.

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