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Ex-Nazitreff steht zum Verkauf

Heisenhof in Niedersach­sen für 500 000 Euro zu haben – oder wird er abgerissen?

- Von Hagen Jung

Der als Nazitreff bekannt gewordene Heisenhof in Niedersach­sen soll verkauft werden. Schon lange treffen sich dort keine Rechten mehr. Das Problem ist, dass es für das Gebäude eine Abrissverf­ügung gibt. »Keine Nazis – nicht im Heisenhof oder sonst wo«, so lautete im Mai 2005 das Motto einer Demonstrat­ion von gut 1000 Antifaschi­sten in Dörverden, einer knapp 10 000 Einwohner zählenden Gemeinde im nördlichen Niedersach­sen, unweit von Bremen gelegen. Der kleine Ort erlebte seit 2004 mehrmals Kundgebung­en gegen Neonazis, war seinerzeit bundesweit in die Schlagzeil­en geraten, als der mittlerwei­le verstorben­e Rechtsanwa­lt Jürgen Rieger dort ein Schulungsz­entrum für Rechtsextr­emisten eröffnen wollte – in einem Gebäudekom­plex namens Heisenhof.

Lange Zeit war es ruhig um das Areal gewesen, nun sorgt es wieder für Aufmerksam­keit, denn: Die derzeitige Eigentümer­in will es für 500 000 Euro verkaufen – und das, obwohl es bereits seit Jahren eine Abrissverf­ügung gegen die Immobilie gibt.

Der Heisenhof gehörte bis Ende des 19. Jahrhunder­ts zu einem rund 22 000 Quadratmet­er großen Rittergut. Zur Zeit des Hitlerregi­mes war in ihm die Verwaltung einer Munitionsf­abrik untergebra­cht, in der Zwangsarbe­iter schuften mussten, vor allem Menschen aus Osteuropa. Nach dem Zweiten Weltkrieg nutzte die britische Besatzungs­macht die Gebäude, ehe die Bundeswehr in den 1950er-Jahren das Ganze übernahm.

Als die Soldaten dort Jahre später wieder ausgezogen waren, bot der Bund den Heisenhof zur Versteiger­ung an. Der Rechtsanwa­lt Rieger bot 250 000 Euro, bekam 2004 den Zuschlag. Seinerzeit war der vermögende Jurist bereits seit geraumer Zeit in Deutschlan­d als aktiver Förderer und Mitstreite­r der rechten Szene bekannt. So zum Beispiel als Organisato­r der inzwischen verbotenen Gedenkmärs­che für den Hitler-Stellver- treter Rudolf Heß. Mehrmals stand der Holocaust-Leugner Rieger vor Gericht, wurde rechtskräf­tig verurteilt, unter anderem wegen Volksverhe­tzung und Körperverl­etzung. In der NPD fungierte der Anwalt bis zu seinem Tode im Jahre 2009 als stellvertr­etender Bundesvors­itzender.

Seine Pläne, aus dem Heisenhof ein Schulungsz­entrum für Rechtsextr­emisten aufzubauen, hatte er nicht verwirklic­hen können. Dennoch war zu seinen Lebzeiten aus dem Gelände ein beliebter Treffpunkt für Neonazis geworden. Torpediert worden war Riegers Vorhaben auch durch eine Abrissverf­ügung des Landkreise­s Verden. Die Behörde begründete diesen Schritt, für die ehemals militärisc­he Immobilie gebe es keinen Bestandsch­utz. Jede andere Nutzung müsse amtlich genehmigt werden. Der Anwalt klagte dagegen, unterlag jedoch vor Gericht.

Nach seinem Tod lag das Gelände lange Zeit brach. Doch im Jahr 2011 erwarb es die derzeitige Eigentümer­in, wollte dort ein Gesundheit­s- und Wellnessze­ntrum einrichten. Die Verwaltung aber habe das »geblockt«, sagte der Ehemann der Käuferin jetzt gegenüber dem NDR. Der zitiert den Bürgermeis­ter von Dörverden, Alexander von Seggern (parteilos): »Wir sehen im Moment kein Konzept, das wir zum Anlass nehmen würden, das Gebäude städtebaul­ich zu entwickeln«. Im Klartext: Aus dem Heisenhof ist nach Überzeugun­g der Behörde nichts Vernünftig­es zu machen.

Beim Landkreis ist man ähnlicher Ansicht. Ein potenziell­er Käufer, so heißt es aus dem Bauamt, müsse sich überlegen, ob er eine Immobile erwirbt, für die eine Abrissverf­ügung vorliegt. Doch die Eigentümer­in sieht einen Ausweg: Interessen­ten könnten den Hof landwirtsc­haftlich nutzen. So war es schon zur Zeit des Ritterguts geschehen.

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Foto: dpa/Jörg Sarbach Der als Treffpunkt für die rechte Szene bekanntgew­ordene Heisenhof

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