Iskremas zieht weiter
Russischer Schauspieler Oleg Tabakow gestorben
Nach dem Höchsten zu streben, das ist genau jener Ehrgeiz, der jedes Unternehmen in den Untergang steuert. Und dem Schönsten eine Krone zu flechten, das ist genau jenes Handwerk, das über uns die schwärzesten Gewitter aufziehen lässt. Denn die menschengemachte Welt erträgt Schönheit nicht. Aber Iskremas lächelt, er rackert, er will das Höchste, er will das Schönste. Sein Name, das sind die russischen Anfangssilben seines Programms: »Kunst der Revolution für die Massen«. Der Thespiskarren als wahre Lokomotive der Geschichte; die Herzensbildung als wahres Ziel des Kommunismus.
»Leuchte, mein Stern, leuchte« heißt der Film von 1970, eines der wunderbarsten Werke des sowjeti- schen Kinos, Regie: Alexander Mitta, in der Hauptrolle: Oleg Tabakow. Sein Iskremas zieht nach der Oktoberrevolution durch den Süden Russlands, bringt so verzückt wie verzweifelt Shakespeare unter die Leute. In einem Panorama aus Schrecken und betörender Entrücktheit – dauernd wechselt die Herrschaft zwischen Rot und Weiß und »grünen« Banditen; ein Künstler bemalt die Früchte eines zerstörten Baumes mit Farbe; ein Stummfilmkino wirbt um Aufmerksamkeit, der Betreiber wechselt die Begleittexte je nach momentaner politischer Lage.
Iskremas, der tragisch endet, wird in Tabakows Spiel zum ergreifenden Sinnbild des reinen Toren. Der gleichsam auf aufgegebenen Märkten Handel mit kostbaren Überflüssigkeiten treibt. Der an den Haltestellen auf der langen Lebensstrecke