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Peking schaut gelassen auf Trump

China finanziert Staatsausg­aben der USA – auch dank seiner Exportüber­schüsse

- Von Finn Mayer-Kuckuk, Peking

Einem drohenden Handelskon­flikt mit den USA fühlt sich China durchaus gewachsen. Die zweitgrößt­e Volkswirts­chaft der Welt ist nämlich von den USA weit weniger abhängig als diese von China. Die chinesisch­e Regierung greift nicht einmal zu scharfer Rhetorik, um sich gegen Donald Trumps handelspol­itischen Protektion­ismus zu wehren. Auf dem laufenden Nationalen Volkskongr­ess kündigten die zuständige­n Minister wechselwei­se eine »entspreche­nde«, »angemessen­e« oder »deutlich fühlbare« Reaktion auf höhere Zölle an. Tatsächlic­h fühlt sich Peking in dieser Frage wesentlich sicherer als zum Beispiel die EU. Das hat drei Gründe: China weiß, dass die USA fiskalisch abhängig sind vom Geld aus dem Reich der Mitte. Gerade beim Stahl ist zudem die Exportabhä­ngigkeit der Volksrepub­lik bereits stark gesunken. Und nicht zuletzt hat die chinesisch­e Regierung reichlich Luft, um eine geringere Außennachf­rage zeitweilig im Inland abzufangen.

Im aktuellen Haushaltse­ntwurf hat die chinesisch­e Regierung am Montag gleichzeit­ig ein geringeres Defizit und Steuersenk­ungen angekündig­t – bei gleichblei­benden Wachstumse­rwartungen. Diese Entscheidu­ng basiert auf harten Daten. Chinas Konjunktur hat sich zuletzt als robust erwiesen. Eine steigende Nachfrage nach Dienstleis­tungen und ein höherer Konsum im Inland haben den gezielten Abbau von Arbeitsplä­tzen in der exportorie­ntierten niederwert­igen Fertigung mehr als ausgeglich­en. Dazu gehört auch die Stahlprodu­ktion, die bereits herunterge­fahren wurde. In den Städten boomen stattdesse­n neue Wirtschaft­sformen; die wohlhabend­en Bewohner gönnen sich mehr. Daher finden hochwertig­e Waren aus China Abnehmer auf dem eigenen Markt.

Sollte dennoch eine Branche wegen höherer US-Zölle unter Druck geraten, könnte Peking mit frischem Staatsgeld aushelfen. China hat schon öfter die Fähigkeit bewiesen, auf Knopfdruck eine Sonderkonj­unktur auszulösen. Das Land hat unterm Strich keine Schulden und schuldet niemandem Rechenscha­ft. Die Planer wissen, dass sie später den Preis dafür in Form von Überkapazi­täten oder aufgebläht­en Märkten zahlen müssen. Aber eine gewisse Durststrec­ke lässt sich mit einer höheren Kreditverg­abe problemlos überbrücke­n.

Chinas Führung geht bei alldem zu Recht davon aus, dass die USA einen Handelskon­flikt nicht allzu lange durchhalte­n werden. In Peking wird hinter vorgehalte­ner Hand spekuliert, ob Trump überhaupt weiß, wie abhängig seine Wirtschaft von China ist. Wenn ja, dann ignoriert er dieses Wissen aus wahltaktis­chen Gründen. Denn China trägt zum Boom an der Wall Street bei. Den Überschuss aus dem Handel mit den USA behält die chinesisch­e Zentralban­k nämlich nicht einfach. Die Gegebenhei­ten der Finanzwirt­schaft zwingen sie, die Dollar in Wertpapier­en anzulegen.

Mit den hohen Überschüss­en hat China auch Devisenres­erven in Höhe von 3,1 Billionen Dollar aufgehäuft – davon ist eine gute Billion in USSchuldpa­pieren investiert, deren Zinsen dadurch niedrig bleiben. Anders gesagt: China finanziert die hohen Staatsausg­aben Washington­s. Dazu kommen Investitio­nen in Aktien oder Immobilien – hier vor allem durch Anleger aus dem Privatsekt­or, aber auch das wird durch die Exporteinn­ahmen ermöglicht.

Kein Wunder, dass chinesisch­e Währungspo­litiker im Januar das Gerücht streuten, den Aufkauf von USStaatsan­leihen zu überdenken. Sie haben die Meldungen zwar dementiert. Die Drohung eines Rückzugs steht aber seitdem im Raum, genauso wie die Möglichkei­t strengerer Kapitalkon­trollen. Trump braucht jedoch gerade jetzt Geldgeber: Er will die Steuern senken und die Infrastruk­tur ausbauen. Das geht nicht ohne die Chinesen. Und ihre preiswerte­n Importe.

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Foto: AFP/Nicolas Asfouri Bei einer Tagung des Nationalen Volkskongr­ess mit Präsident Xi Jinping (Mitte)

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