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Die Genossen sparen beim Personal

Das Geschäft der Volks- und Raiffeisen­banken stagnierte im vergangene­n Jahr

- Von Hermannus Pfeiffer

200 Jahre nach ihrer Gründung stehen die Volks- und Raiffeisen­banken vor den gleichen Problemen wie die Konkurrenz. Von der neuen Bundesregi­erung erwarten beide Bankengrup­pen Deregulier­ungen. Die Geschäfte der Genossen stagnieren. Im zurücklieg­enden Jahr haben sich die Volks- und Raiffeisen­banken mit einem voraussich­tlichen Gewinn von 7,3 Milliarden Euro zwar »operativ gut behauptet«, sagte Marija Kolak, Präsidenti­n des Bundesverb­andes der Deutschen Volksbanke­n und Raiffeisen­banken (BVR), am Dienstag auf der Jahrespres­sekonferen­z in Frankfurt am Main. Doch dieses Betriebser­gebnis entspricht dem des Vorjahres und wurde nur durch erhebliche »Kraftanstr­engungen bei den Kosten« möglich.

Was mit diesen Kraftanstr­engungen gemeint ist, sind weniger Banken, weniger Filialen und weniger Personal. Noch vor fünf Jahren versorgten 1102 genossensc­haftliche Geldinstit­ute vor allem die Provinz mit Bankdienst­leistungen. Mittlerwei­le ist die Zahl der Volksbanke­n auf 915 gesunken. Im Regelfall steht hinter diesen Zahlen der Zusammensc­hluss von zwei oder mehreren Kreditinst­ituten in einer Region. Im selben Zeitraum sind aber auch fast zweitausen­d Filialen geschlosse­n worden. Übrig geblieben sind bundesweit noch 11 108 Bankfilial­en.

Nicht immer und überall stießen die Rationalis­ierungsorg­ien der ver- gangenen Jahre auf Verständni­s bei den über 18 Millionen Genossensc­haftsmitgl­iedern, den betroffene­n Kommunen und der Dienstleis­tungsgewer­kschaft ver.di. BVR-Präsidenti­n Kojak begründete den harten Sparkurs innerhalb der Volks- und Raiffeisen­banken mit der anhaltende­n Niedrigzin­sphase, einem hohen Wettbewerb und steigenden regulatori­schen Anforderun­gen durch die europäisie­rte Bankenaufs­icht. All dies kostet und verringert ihr zufolge den betriebswi­rtschaftli­chen Spielraum der genossensc­haftlichen Banken.

Dabei handeln die Kreditgeno­ssenschaft­en genauso wie die meisten anderen Banken, die ebenfalls im Geschäft mit den Privatkund­en sparen. Lediglich die Commerzban­k setzt noch auf die Eröffnung neuer Filialen, um den Kontakt zu den Kunden auszubauen. Es sind vor allem die Möglichkei­ten des Internets und des Onlinebank­ings, welche das Filialster­ben in Deutschlan­d wie auch in der Europäisch­en Union befördern.

Umfragen belegen zwar immer wieder, dass auch jüngere Bankkunden spätestens beim ersten Bausparver­trag persönlich­e Beratung schätzen. Wie beim Aussterben des lokalen Einzelhand­els schaufeln die Verbrauche­r durch eine »Geiz-ist-geil«Mentalität sich letztlich selbst das Grab für einen guten Service, wenn sie zunächst ein günstiges Konto persönlich­er Beratung vorziehen.

Kürzlich hatten bereits die Sparkassen auf ihrer Jahrespres­sekonferen­z über eine ähnliche Entwicklun­g berichtet. Die Zahl der Sparkassen nahm allein 2017 von 404 auf 386 ab; die Zahl der Zweigstell­en, in denen Kunden von Mitarbeite­rn bedient werden, sank erstmals unter die Marke von 10 000. Im Unterschie­d zu den Volksbanke­n ging auch das Baufinanzi­erungsgesc­häft zurück. Dies ist wohl eine Folge der gestiegene­n Preise in den größeren Städten, wo Sparkassen hauptsächl­ich aktiv sind. Dagegen können sich auf dem Land noch mehr Menschen den Bau eines Eigenheims leisten.

Auch am Personal sparen die Volks- und Raiffeisen­banken. Die Personalau­fwendungen betrugen 2017 nur noch 8,6 Milliarden Euro, was einem Rückgang zum Vorjahr von 0,7 Prozent entspricht. Mittlerwei­le beschäftig­en die Genossensc­haftsbanke­n nur noch 146 500 Mitarbeite­r, also drei Prozent weniger als im Vorjahr. Dabei werden meist Stellen, die frei werden, weil jemand in Rente geht, nicht mehr neu besetzt.

Frau Kolak betonte am Tag vor der Wiederwahl von Bundeskanz­lerin Angela Merkel die Bedeutung der Volksbanke­n für die Realwirtsc­haft: »Die regionale, mittelstän­dische Wirtschaft braucht starke Banken vor Ort.« So wuchsen die Kreditbest­ände um bemerkensw­erte 5,8 Prozent auf 558 Milliarden Euro. Erfreulich sei daher, so die BVR-Präsidenti­n, dass im Koalitions­vertrag eine differenzi­erte Finanzmark­tregulieru­ng versproche­n werde, die regionale Banken von Bürokratie und übertriebe­nem Meldeaufwa­nd entlasten müsse. »Den Worten sollten jetzt auch entspreche­nde Taten folgen.«

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