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Viel zu viel Streit

Mit der Trennung von Steffi Jones wirft der Deutsche Fußball-Bund erstmals seine Bundestrai­nerin raus

- Von Frank Hellmann, Frankfurt am Main

Der DFB sucht eine Nachfolger­in für die geschasste Frauen-Bundestrai­nerin. Die Beurlaubun­g der überforder­ten Steffi Jones eröffnet eine neue Baustelle, denn Horst Hrubesch ist nur eine Interimslö­sung. Engagement und Empathie allein sind keine Erfolgsgar­anten. Zumindest nicht für eine Fußballtra­inerin, die damit fehlende Erfahrung wettmachen wollte. Auf diese Formel lässt sich die von Anfang an unter keinem glückliche­n Stern stehende Amtszeit von Bundestrai­nerin Steffi Jones bringen. Am Dienstagmo­rgen zog der Deutsche Fußball-Bund (DFB) die Reißleine und entband die Frankfurte­rin von ihrer Aufgaben bei der Frauen-Nationalma­nnschaft. Die 45Jährige, die kürzlich noch betont hatte, sie wolle sich »nicht wie die Sau durchs Dorf treiben lassen«, muss gehen, weil der Verband das wichtigste Ereignis – die Teilnahme an der Frauen-WM 2019 in Frankreich – in größter Gefahr sieht.

Den Ausschlag gab, dass das Team unter Leitung der 45-Jährigen beim SheBelieve­s-Cup, einem Einladungs­turnier in den USA, nicht nur krachend die letzte Partie gegen WMAusricht­er Frankreich (0:3) in den Sand gesetzt hatte. Sie hatte zudem weite Teile der Spielerinn­en nicht mehr hinter sich. Nach dem überflüssi­gen Viertelfin­al-Aus bei der EM und einem verlorenen WM-Qualifikat­ionsspiel gegen Island zerfällt das Team in streitende Grüppchen: Da konnte die DFB-Führung ihre Schutzhand nicht mehr über die als Harmoniega­rantin gedachte Jones legen.

Das Präsidium folgte der Empfehlung des Nationalma­nnschaftsd­irektors Oliver Bierhoff sowie des Sportliche­n Leiters Joti Chatzialex­iou. Letzterer ist neuerdings für die weiblichen Nationalte­ams zuständig und hatte sich die ersten Turnierspi­ele gegen die USA (0:1) und England (2:2) vor Ort angesehen. Womöglich hat der 42-Jährige die erhebliche­n atmosphäri­schen Störungen in den USA mitbekomme­n. Bierhoff jedenfalls deutete dies an: »Mit Blick auf die sportliche Entwicklun­g, die wichtige Qualifikat­ion für die WM und die unterschie­dlichen Rückmeldun­gen vom SheBelieve­s-Cup sind wir zu der Überzeugun­g gekommen, dass die Mannschaft eine neue Führung braucht.« Man wolle nun die Strukturen im Frauenfußb­all profession­alisieren, die Verzahnung mit dem Männerbere­ich verstärken und neue konzeption­elle Wege gehen.

Interimsmä­ßig übernimmt Horst Hrubesch. Der 66-Jährige scheut sich nicht, in einen Bereich einzutauch­en, der sich in vielen Parametern vom Männerfußb­all unterschei­det. »Ich habe den Frauenfußb­all in den vergangene­n Jahren verfolgt und war auch bei der Europameis­terschaft vor Ort. Ich helfe in dieser Phase gerne.« Doch als Langzeitlö­sung taugt der Sportdirek­tor mitnichten.

Spannend wird sein, ob der DFB in seiner neuen Struktur den Mut aufbringt, alte Zöpfe abzuschnei­den. Juniorenna­tionaltrai­nerin Maren Meinert ist zwar vertraut mit dem Metier, doch eigentlich scheut die 44-Jährige das Rampenlich­t. Die große Lösung wäre Ralf Kellermann, der allerdings dann kaum als Sportliche­r Leiter beim VfL Wolfsburg verbleiben könnte. Der 44-Jährige hat auf Vereinsebe­ne so viele Erfolge vorzuweise­n, dass der Verband sich zwingend mit ihm beschäftig­en muss. Dasselbe gilt für die Schweizer Nationaltr­ainerin Martina Voss-Tecklenbur­g. Die ehemalige Nationalsp­ielerin ist auf ihre Art unbequem, hat allerdings die Eidgenosse­n zuletzt zu WM und EM geführt.

Der Rauswurf von Jones bedeutet eine Zäsur, denn bislang hatte es mit Gero Bisanz, Tina Theune und Silvia Neid nur langfristi­ge geplante Besetzunge­n gegeben, die schiedlich­friedlich den Staffelsta­b weiterreic­hten. Jones’ Ernennung – 2015 verkündet, 2016 nach dem Olympiasie­g vollzogen – fiel noch in die Ära von DFB-Chef Wolfgang Niersbach.

Auch ihr Assistent Markus Högner macht nicht weiter. Hrubesch holt sich für die WM-Qualifikat­ionsspiele am 7. April gegen Tschechien und drei Tages später in Slowenien stattdesse­n die langjährig­e Neid-Vertraute Ulrike Ballweg und seinen persönlich­en Begleiter Thomas Nörenberg an die Seite. Wie es im Hinblick auf das wohl entscheide­nde Qualifikat­ionsspiel in Island (1. September) weitergeht, will Chatzialex­iou in Ruhe entscheide­n. »Wir werden uns die nötige Zeit nehmen, im engen Austausch mit der Liga einen passenden Kopf für diese Aufgabe zu finden.« Das Problem ist: Das Anforderun­gsprofil ist umfassend, der Kandidaten­kreis indes ziemlich überschaub­ar.

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Foto: imago/Cathrin Müller Steffi Jones fand keine erfolgreic­he Spielidee für die Fußball-Nationalma­nnschaft.

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