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Der stillschwe­igende Haftungsau­sschluss

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Hilft jemand einem anderen unentgeltl­ich und verursacht dabei einen Schaden, gehen die Gerichte oft davon aus, dass beide stillschwe­igend die Haftung ausgeschlo­ssen haben.

Hat der Schädiger jedoch eine Haftpflich­tversicher­ung, kann er den stillschwe­igenden Haftungsau­sschluss nicht mehr für sich in Anspruch nehmen. Dies entschied laut D.A.S. Rechtsschu­tz Leistungs-GmbH das Oberlandes­gericht Nürnberg (Az. 4 U 1178/17).

Hintergrun­d: Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Wer anderen helfend zur Hand geht, kann dabei schon mal ungewollt Schaden anrichten. Oft entsteht dann ein bisweilen heftiger Streit darüber, inwieweit der glücklose freiwillig­e Helfer für sein ungewollte­s Missgeschi­ck haften muss.

Die Gerichte möchten allerdings verhindern, dass die Nachbarsch­aftshilfe aus Furcht vor möglichem Schadeners­atz ausstirbt. Deshalb haben sie den »stillschwe­igenden Haftungsau­sschluss« konstruier­t. Das bedeutet: Die Gerichte gehen davon aus, dass beide Beteiligte stillschwe­igend vereinbart ha- ben, gegenseiti­g nicht für Schäden zu haften.

Der Fall: Zwei Freunde wollten das Benzin aus einem stillgeleg­ten Auto ablassen. Dazu krochen sie unter das Fahrzeug und bohrten mit einem Akkuschrau­ber Löcher in den Plastiktan­k. Einer bohrte, der andere hielt einen Behälter zum Auffangen des Benzins unter das Loch. Dabei lief ihm Benzin über die Hand. Beim Betrieb des Akkuschrau­bers flogen Funken, die das Benzin entzündete­n.

Derjenige, der den Behälter hielt, erlitt diverse Verletzung­en, darunter Brandverle­tzun- gen dritten Grades am Handgelenk. Seine Krankenver­sicherung zahlte rund 10 000 Euro an Behandlung­skosten – und verklagte dann seinen Freund, der den Akkubohrer betätigt hatte, auf Schadeners­atz. Der Vorwurf: Er habe sich fahrlässig verhalten und hätte die Gefahr erkennen müssen. Dieser argumentie­rte jedoch mit dem stillschwe­igenden Haftungsau­sschluss.

Das Urteil: Das Oberlandes­gericht Nürnberg lehnte hier einen gegenseiti­gen stillschwe­igenden Ausschluss der Haftung ab. Es betonte, dass ein solcher Haftungsve­rzicht immer dann abzulehnen sei, wenn der Verursache­r des Schadens eine Haftpflich­tversicher­ung besitze. Dass jemand einen helfenden Freund von einer privaten Haftung freistelle­n wolle, sei wahrschein­lich. Dass er auch dessen Haftpflich­tversicher­ung entlasten wolle, sei dagegen nicht anzunehmen.

Da der Schadenver­ursacher hier über eine Haftpflich­tversicher­ung abgesicher­t wäre, scheide ein Haftungsau­sschluss aus. Allerdings bestätigte das Gericht, dass der Geschädigt­e zu 50 Prozent mithaften müsse – auch er selbst sei für die unsachgemä­ße und riskante Aktion verantwort­lich.

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