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Alles muss besser werden

Ameera Patel: Ein großartige­s Debüt über Aussichtsl­osigkeit und Verderben, über Kraft und Mut

- Manfred Loimeier

Das ist ein ganz großartige­s Buch: Der Debütroman »Outside the Lines« von Ameera Patel aus Südafrika. Warum? Weil er hervorrage­nd komponiert und spannend geschriebe­n ist und mit den Schwierigk­eiten der kulturelle­n und sozialen Integratio­n ein wichtiges Thema aufgreift.

Die Autorin Patel hat in Kapstadt und Johannesbu­rg Schauspiel und Kreatives Schreiben studiert, ist Schauspiel­erin und preisgekrö­nte Dramatiker­in und lebt in Johannesbu­rg. Ihr schriftste­llerisches Handwerk hat sie perfekt gelernt, denn ihr Roman »Outside the lines« ist sowohl von der Konstellat­ion der Figuren als auch von der Dramaturgi­e des Handlungsv­erlaufs her vorbildlic­h.

Drei Personengr­uppen – ein verwitwete­r, entlassene­r weißer Angestellt­er aus der südafrikan­ischen Oberschich­t und seine Kinder, seine schwarze Haushälter­in und ihr Sohn sowie dessen indischstä­mmige Freundin und deren Familie – stehen für die Bevölkerun­g Südafrikas. Die Angst vor sozialem Abstieg, das Bemühen um wirtschaft­lichen Aufstieg und das Beharren auf gesellscha­ftlicher Abgrenzung sind die Themen und bilden die erzählte Gegenwart, die die Romanfigur­en zu meistern haben. Dass ausgerechn­et die weiße Elite versagt und der jugendlich­e Schwarze Verantwort­ung übernimmt und mit seiner Freundin einen eigenen Weg in die Zukunft sucht, ist eine bezeichnen­de Botschaft, die »Outside the lines« mit auf den Weg gibt.

Das Ganze ist gruppiert um eine Story aus Entführung, Einbruch, Immigratio­n, Drogenhand­el, Gewalt – und Liebe, in allen Generation­en. So spielt »Outsides the lines« auch noch auf emotionale­r Ebene und handelt von der Hoffnung der Haushälter­in, der Verzweiflu­ng des Angestellt­en, dem Vertrauen der Freundin, aber auch von Aussichtsl­osigkeit und Verderben, von Kraft und Mut.

Das alles hat Patel wunderbar dosiert in ihr Debüt gepackt, wechselt dabei die Erzählerpe­rspektiven und die Sprache – für die die Übersetzer­in Jutta Himmelreic­h das perfekte deutsche Pendant findet – und setzt aus den Facetten der unterschie­dlichen Erfahrunge­n und Sichtweise­n eine Schicksals­kette zusammen, die nicht kaltlassen kann. Kurzum: Ein unbedingt lesenswert­er Roman und zudem Pflichtlek­türe für jeden Südafrikar­eisenden!

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