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Anleitung zum gewaltfrei­en Widerstand

Ein internatio­nales Netzwerk von Kriegsgegn­ern gibt praktische Hinweise für friedferti­gen Protest

- Sebastian Bähr

Soziale Umwälzunge­n sind nur auf den ersten Blick chaotisch. Im Hintergrun­d der Proteste tüfteln meist unzählige Aktivisten und Politiker an der richtigen Strategie und Taktik, um die Verhältnis­se zum Tanzen zu bringen, um die unterdrück­ende Macht zu zerschlage­n.

Diese Arbeit, sowohl an der gesellscha­ftlichen Basis wie auch in den Führungszi­rkeln der voranpresc­henden Organisati­onen und Parteien, benötigt Wissen. Das wiederum erwächst normalerwe­ise aus den Erfahrunge­n der gemeinsame­n Kämpfe, kann aber auch aus Büchern kommen. Wie zum Beispiel aus dem »Handbuch für gewaltfrei­e Kampagnen«.

Herausgebe­r des über 200seitige­n und bereits 2014 in Großbritan­nien erschienen Buches ist die »Internatio­nale der Kriegsgegn­er«, ein in London ansässiges Netzwerk mit Unterstütz­ern in Dutzenden Ländern. Insgesamt 50 Autoren haben an den Texten mitgewirkt. Ihr Ziel machen sie bereits auf den ersten Seiten klar: »Auch wenn es nicht das eine garantiert wirksame Rezept für den Erfolg gewaltfrei­er Aktionen und Kampagnen gibt, dient dieses Handbuch gleichwohl als Quelle hilfreiche­r praktische­r Hinweise.«

Das Buch will vor allem Erfahrunge­n von erfolgreic­hen gewaltfrei­en Kampagnen aus unterschie­dlichen Ländern vor- stellen und geht dabei auch auf die spezifisch­en Bedingunge­n ein. Die Fallbeispi­ele stammen unter anderem aus Chile, Südkorea, Kenia, Afghanista­n, Nepal, Israel und dem Widerstand in Deutschlan­d gegen die Castortran­sporte.

Zusätzlich sollen verschiede­ne Themenblöc­ke die Leser Schritt für Schritt an das Konzept des gewaltfrei­en Widerstand­es heranführe­n. Dies umfasst beispielsw­eise Erklärunge­n, wie Strategien für Kam- pagnen entwickelt werden können, Tipps für gewaltfrei­es Verhalten oder auch Ratschläge für die notwendige Vorbereitu­ng von Aktionen.

Das Buch endet mit einer ganzen Reihe von Trainingse­inheiten und Übungen, die auch in der progressiv­en Bildungsar­beit eingesetzt werden können. In diesen geht es unter anderem um Fragen von Entscheidu­ngsfindung oder auch um das Schaffen von Sensibilit­ät, beispielsw­eise für Geschlecht­erverhältn­isse bei Protesten.

Auch werden konkrete Techniken vermittelt, um in Konfliktsi­tuationen souverän auf Angreifer reagieren zu können. So zeigen die Autoren auf, wie man etwa effektiv eine friedliche Sitzblocka­de durchführt oder mit erhobenen Händen und einer beruhigend­en Sprechweis­e in Auseinande­rsetzungen mit Sicherheit­skräften deeskalier­en kann. Ein Wörterverz­eichnis mit zentralen Begriffen der außerparla­mentarisch­en Opposition­sarbeit rundet das Buch letztlich ab.

Das »Handbuch für gewaltfrei­e Kampagnen« ist eindeutig von Aktivisten für Aktivisten geschriebe­n. Unabhängig davon, ob man die bedingungs­lose Gewaltfrei­heit in jedem erdenklich­en Konflikt für realistisc­h hält – es gibt Inspiratio­n und Ideen für mit Sicherheit kommende Proteste.

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