nd.DerTag

Klaus im Fass

Wundersame Abenteuer im DDR-Buchklassi­ker

- Silvia Ottow

Alles auf diesen Seiten ist niedlich: Klaus mit seinem Stupsnäsch­en und dem blonden Stoppelsch­opf, Kasperle und Teddybärch­en, das reetgedeck­te Fischerhau­s mit der Tupfengard­ine, die roten Stockrosen vor der schneeweiß­en Hauswand, der italienisc­h blaue Himmel, die lieblichen Wolken und die Pusteblume­n. Wie schön, denkt man unwillkürl­ich: »Das sieht ja aus wie im Bilderbuch!« Genau angesichts dieses Werkes von Walter Krumbach und Ingeborg Friebel muss der Spruch erfunden worden sein.

Niedlich und gefällig kommt auch die in Reimen gefasste Geschichte des Autors Walter Krumbach daher. In dieser will der Junge seine Pusteblume­nSternchen wieder einfangen, die inzwischen vom Wind an das Bächlein getrieben worden sind. Darin schwimmen sie nun munter dem See entgegen, in welchen das Bächlein mündet und der für ein kleines Kind wie das weite Meer erscheint – groß und Abenteuer verheißend. Warum soll Fischers Klaus also nicht dem Gebrumm der Bienen folgen? Um Mutters Waschfass fliegend, säuseln sie ihm zu: »Steig hinein, steig hinein, hol dein Sternchen wieder ein!«

Das lässt sich Klaus nicht zweimal sagen. Zusammen mit Kätzchen, Bärchen, Kasperle geht er an Bord. Zwei bunt schillernd­e Entlein und ein munteres Froschpärc­hen eskortiere­n die kleinen Seefahrer. Und das Fass schwimmt, wie es sich für ein Holzgefäß gehört. So weit ist alles gut, und um es vorwegzune­hmen: Es bleibt auch so, sieht man von einem Zwischenfa­ll mit einer angriffslu­stigen Ziege auf einem einsamen Eiland inmitten des Sees einmal ab. Das meckernde Huftier wird vom tapferen Kater in die Flucht geschlagen und verheddert sich hoff- nungslos im Fischernet­z. So eine eingeschwo­rene Bilderbuch­reisegrupp­e sollte man nicht unterschät­zen! Am Ende freilich, als es dunkel geworden ist und die Sterne am Himmel zu blinken beginnen – wiederum ganz bezaubernd von Ingeborg Friebel gezeichnet – schlafen alle auf der Insel ein und müssen von Vater Fischer mit Boot und Laterne heimgeholt werden.

Das Büchlein, vom LeiV-Verlag in seiner DDR-Kinderbuch­Reihe wieder aufgelegt, ist eines von 80 aus der Feder Walter Krumbachs. Der Lehrer aus Groß Schönebeck im Norden von Berlin saß seit den 1950er Jahren mit Vorliebe im Dachkämmer­chen seines Hauses am Rande der Schorfheid­e und dichtete für Kinder. Seinen Namen kannte kaum jemand, er suchte die Öffentlich­keit auch nicht.

Dabei hat ihm die Kinder- und Erwachsene­nwelt einen Hit zu verdanken, der sich bis heute in den Charts behauptet: »Wir sehen erst den Abendgruß, ehe jedes Kind ins Bettchen muss. Du hast gewiss noch Zeit.« Die berühmte, man muss schon eher sagen weltberühm­te: Sandmannhy­mne wurde ebenfalls von Krumbach getextet. Der Mann dürfte einer der erfolgreic­hsten Kinderbuch­autoren in der DDR gewesen sein. Neben den Büchern schuf er einige Hundert Fernsehsen­dungen, unzählige Reime und Sprüche gehen auf sein Konto.

Mit dem kleinen Kapitän und seinem Gefolge wollen große und kleine Leser sicher gern unterwegs sein. Vielleicht gerade weil sie alle so niedlich sind.

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