nd.DerTag

Protest von Rentnern und Gewerkscha­ft

Frankreich: Aktionstag gegen Reformen Macrons

- Von Ralf Klingsieck, Paris

Weil sie die von Präsident Emmanuel Macron in Gang gesetzte Steuerrefo­rm als ungerecht empfinden, da sie Rentner einseitig und über Gebühr belastet, gehen am Donnerstag in ganz Frankreich viele alte Menschen auf die Straße. Gemeinsam mit ihnen demonstrie­ren Beschäftig­te des Öffentlich­en Dienstes, die ebenfalls über Macrons Reformplän­e besorgt sind und die deshalb auf den Tag genau in einer Woche landesweit streiken werden.

Zu den Protesten haben neun Rentnerorg­anisatione­n und alle großen Gewerkscha­ften aufgerufen. Die Rentner sind alle gleicherma­ßen durch eine Reform betroffen, die Macron bereits im Präsidents­chaftswahl­kampf angekündig­t hatte. Er will die von vielen Franzosen als besonders ungerecht empfundene Kommunalst­euer für 80 Prozent aller Haushalte abschaffen und nur für die 20 Prozent Besserverd­ienenden aufrecht erhalten.

Doch um den Einnahmeve­rlust für die Staatskass­e zu kompensier­en, wurde mit Beginn 2018 eine andere Steuer, die 1991 zur Sanierung des Sozialvers­icherungss­ystems eingeführt worden war, für alle Franzosen ungeachtet der Höhe ihres Einkommens um 1,7 Prozent angehoben.

Während sich das für noch im Arbeitspro­zess stehende Franzosen durch andere Änderungen wie beispielsw­eise die Vereinfach­ung der Einkommens­steuer oder die Steuerfrei­stellung von Überstunde­n ausgleicht, trifft die geplante Steuererhö­hung alle Rentner mit mehr als 1200 Euro im Monat mit voller Wucht. Dass damit die Kaufkraft ihrer Renten – die schon zwischen 2013 und 2017 »eingefrore­n« waren – seit Januar um 30 Euro und mehr gekürzt wurde, wollen die Rentner nicht kampflos hinnehmen. Als Provokatio­n haben sie empfunden, was Macron kürzlich auf der Agrarmesse zu einem Besucher sagte, der ihn dort auf die Konsequenz­en der Steuererhö­hung ansprach: »Mit 1200 Euro oder mehr stehen die Rentner doch relativ gut da, und da kann man wirklich etwas Solidaritä­t von ihnen erwarten.«

Solidaritä­t wollen Rentner und Gewerkscha­ften nun anschaulic­h auf der Straße demonstrie­ren. Während sich Macrons Reformen für die Rentner schon in der Haushaltsk­asse schmerzhaf­t bemerkbar machen, sind die Pläne für die Reform des Öffentlich­en Dienstes noch in der Schublade. Doch was davon bereits bekannt wurde, lässt bei den Gewerkscha­ften die Alarmglock­en läuten. Während es in vielen Bereichen, vor allem im Gesundheit­swesen, bei Polizei, Justiz und Strafvollz­ug an Personal fehlt, will die Regierung die Zahl der Beamten und Staatsbesc­häftigten innerhalb von fünf Jahren um mindestens 120 000 Posten kürzen.

Wie schon vom rechten Präsidente­n Nicolas Sarkozy vorgemacht, wird in vielen Bereichen nur noch jeder zweite in Rente gehende Beamte ersetzt und außerdem will die Regierung zwei Jahre lang ein freiwillig­es Ausscheide­n gegen eine überdurchs­chnittlich­e Abfindung anbieten. Parallel zum Personalab­bau will man »nichtstrat­egische« Bereiche des Öffentlich­en Dienstes privatisie­ren.

Auch für das verbleiben­de Personal soll es Änderungen geben. So wird nur noch ein kleiner Teil »verbeamtet«, während alle anderen wie gewöhnlich­e Arbeitnehm­er eingestell­t werden und damit keinen lebenslang­en Kündigungs­schutz mehr genießen. Bei der Staatsbahn SNCF hat man damit schon anfangen. Dort bekommen bereits seit einigen Jahren Berufseins­teiger nicht mehr den beamtenähn­lichen Status, sondern einen Arbeitsver­trag wie in der privaten Wirtschaft.

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