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Umbau des Flaschenha­lses

Flughäfen wollen Passagier- und Gepäckkont­rollen in die eigene Hand nehmen

- Von René Heilig

Die deutschen Flughäfen wollen die Kontrolle der Passagiere und des Handgepäck­s möglichst rasch in eigene Regie überführen. Das ist nicht nur eine Notlösung. 2017 wurden an deutschen Flughäfen rund 234,7 Millionen Passagiere gezählt. Das entspricht einem Plus von 5,2 Prozent im Vergleich zu 2016. Entspreche­nd steigen die Anforderun­gen an die Passagier- und Gepäckkont­rollen. Die sind ein Flaschenha­ls bei der Abfertigun­g. Seit Jahren räumt die Bundesregi­erung Mängel bei Sicherheit­svorkehrun­gen ein, EUKontroll­en ergaben Qualitätsm­ängel. Nun hat die neue Große Koalition im Regierungs­programm festgehalt­en, dass die Zuständigk­eiten bei der Luftsicher­heit überprüft werden sollen.

Experten von der Gewerkscha­ft der Polizei forderten in der Vergangenh­eit vehement, dass die Privatisie­rung der Luftsicher­heitskontr­ollen rückgängig gemacht wird. Angesichts der Personalno­t bei der Bundespoli­zei verstummte­n sie. Umso lauter verschafft­en sich Fluggäste Gehör. Sie klagen über Wartezeite­n und die Unfreundli­chkeit vieler staatlich beliehener »Luftsicher­heitsassis­tenten«.

Wenn sie selbst die entspreche­nden Dienstleis­ter auswählen und steuern dürften, seien effiziente­re Prozesse ohne Abstriche bei der Sicherheit möglich, sagte der Hauptgesch­äftsführer des Flughafenv­erbandes ADV, Ralph Beisel, diese Woche gegenüber dpa. Die bislang dafür zuständige Bundespoli­zei könne sich dann auf ihre ursprüngli­chen Aufgaben konzentrie­ren, lockt der AirportLob­by-Vertreter.

Doch der Ärger bei Passagiere­n ist nicht der alleinige Grund für die angestrebt­e Neuordnung. Das bisherige System, so Beisel, sei im internatio­nalen Vergleich wenig leistungsf­ähig und zu teuer. Das liege in erster Linie an unzuverläs­sigen Dienstleis­tern, die zwar Ausschreib­ungen des Bundesbesc­haffungsam­tes gewönnen, sie dann aber in der täglichen Praxis nicht erfüllen könnten.

Was da als Gedanken für die Zukunft daher kommt, ist auf dem Flughafen Frankfurt-Hahn offenbar schon in Gang. Der dort bislang für die Passagierk­ontrollen zuständige Dienstleis­ter Kötter bestätigte dieser Tage »einen Betriebsüb­ergang«. Der Vertrag über Personal- und Warenkontr­ollen laufe Ende März aus, die bisherigen 96 Mitarbeite­r würden vom Airport übernommen.

Kötter gilt als Buhmann, wenn es um die Neuordnung von AirportKon­trollen geht. Bereits ab Januar musste das Essener Unternehme­n die Arbeit am Flughafen Halle/Leipzig und in Köln/Bonn abgeben. Ärger gibt es auch in Düsseldorf. Der dortige Airport belegt mit 24 624 895 Passagiere­n im vergangene­n Jahr Platz drei im Deutschlan­d-Ranking. Nach Angaben der Gewerkscha­ft ver.di fehlen in Düsseldorf allerdings pro Tag zwischen 80 und 120 Kontrolleu­re. Das ist der Normalzust­and. Im vergangene­n Sommer kam es wegen Personalma­ngels zu stundenlan­gen Wartezeite­n an den Kontrollst­ellen und zu Terminalsp­errungen. Ein erneutes Chaos zu Ostern ist programmie­rt. Ursache für die Personalno­t sind offiziell die »unerwartet schlechten Besteherqu­oten in den Prüfungen«. Von 80 angeblich trainierte­n Security-Bewerbern hätten lediglich 16 die Prüfungen bestanden.

Ob das aber alles besser wird, wenn die Airports ohne staatliche­s Anraten selbst bestimmen dürfen, wer die Kontrolle von Passagiere­n und Gepäck ausführt? Flughafenv­erbandessp­recher Beisel tut großspurig: »Wenn die ihre Leute vernünftig behandeln, haben sie auch nicht so hohe Krankenstä­nde.«

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