»Gezielte Täter-Opfer-Umkehr«
Nachdem die Opferberatungen in Berlin und Brandenburg bereits Zahlen zu rechten Gewalttaten präsentiert haben, legte jetzt neben der RAA Sachsen auch die Mobile Opferberatung in Sachsen-Anhalt eine aktuelle Statistik vor. Demnach gab es 2017 im Bundesland 198 Übergriffe. Das sei die dritthöchste Zahl der vergangenen zehn Jahren; nur 2015 und 2016 lagen die Zahlen mit 217 und 265 noch deutlich höher. Insgesamt gebe es »keinen Anlass zur Entwarnung«, sagte ein Sprecher; das Ausmaß rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt bleibe »ausgesprochen bedrohlich«. Fast drei Viertel der Angriffe waren rassistisch motiviert; der Anteil sei damit weiter gestiegen. Meist würden junge Männer attackiert – und danach von den Angreifern nicht selten als vermeintliche Urheber der Gewalt angezeigt: Es werde »gezielte Täter-Opfer-Umkehr betrieben«.
Wie in anderen Bundesländern auch, betont die Opferberatung in Sachsen-Anhalt die steigende Zahl von Übergriffen gegen Kinder. So habe in Magdeburg ein Unbekannter ein sieben Monate altes Baby mit einem Stock im Gesicht verletzt, nachdem er zuvor eine junge Syrerin in Begleitung ihrer drei Kinder in einer Straßenbahn beleidigt hatte. Insgesamt registrierte die Opferberatung 35 direkt betroffene Kinder unter 14 Jahren. Im Jahr 2016 waren es sogar 45; in früheren Jahren lag die Zahl jedoch um zwei Drittel niedriger. Auch indirekt sind Kinder oft betroffen. So sei in Halle-Neustadt eine 26-jährige Schwarze auf einem Spielplatz beschimpft und zu Boden getreten worden, während sie ihre eineinhalb und vier Jahre alten Kinder betreute. Die Opferberatung rief die Politik auf, sich an die Seite der Opfer zu stellen, statt das Asylrecht zu verschärfen.