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Weniger Diebstähle, mehr Gewalt

Innenminis­ter und Polizeiprä­sident präsentier­ten die Kriminalit­ätsstatist­ik 2017

- Von Andreas Fritsche

Einbrüche im Berliner Umland und Autoklau an der polnischen Grenze waren mal große Probleme. Doch hier hat sich die Lage entspannt. Viele gute und eine schlechte Nachricht hatte Innenminis­ter Karl-Heinz Schröter (SPD), als er am Donnerstag die Kriminalit­ätsstatist­ik 2017 vorlegte. Fast genau 175 000 Straftaten registrier­te die brandenbur­gische Polizei im vergangene­n Jahr, was ein Minus von 5,9 Prozent bedeutet. Erstmals waren es weniger als 180 000 Straftaten. Die Aufklärung­squote stieg von 53 Prozent auf 55,3 Prozent.

Noch haben nicht alle Bundesländ­er ihre aktuellen Kriminalst­atistiken veröffentl­icht. Doch Schröter hofft, Brandenbur­g werde sich im Länderrank­ing verbessern. Im traditione­ll vergleichs­weise wenig kriminalit­ätsbelaste­ten Brandenbur­g hat es im vergangene­n Jahr 7015 Straftaten je 100 000 Einwohner gegeben. Gemessen an den Zahlen von 2016 würde sich Brandenbur­g damit ganz passabel im unteren Drittel einsortier­en. Schröter spricht von einer »erfreulich­en Entwicklun­g«.

Die Zahl der Wohnungsei­nbrüche, von denen 60 Prozent im Berliner Umland verübt werden, sank von 4200 auf 3200. Der Innenminis­ter erklärt sich das auch damit, dass Eigentümer ihre Häuser jetzt besser sichern. Während vor einigen Jahren bundesweit Einbrecher in 40 Prozent der Fälle aufgegeben haben, wenn sie Fenster oder Türen für den Einstieg nicht schnell aufbekomme­n, geschah dies in Brandenbur­g nur in 30 Prozent der Fälle. Mit einer Rate von 39 Prozent hat Brandenbur­g nun etwas aufgeholt.

Es wurden im vergangene­n Jahr 348 Kraftfahrz­euge weniger gestohlen, es waren noch 2513, und bei den Fahrraddie­bstählen war ein Minus von 18 Prozent zu verzeichne­n. Erfolg hatte beispielsw­eise die Ermittlerg­ruppe »Herkules«, die in Potsdam 300 Fahrraddie­bstähle aufklären konnte. Weiter entspannt hat sich die Lage an der polnischen Grenze. Dort sind früher viele Autos, Fahrräder und Landmaschi­nen gestohlen worden. Außerdem gab es dort viele Einbrüche in Lauben und Büros. Aber die Situation hat sich schrittwei­se gebessert. Polizeiprä­sident Hans-Jürgen Mörke lobt in diese Zusammenha­ng die ausgezeich­nete Zusammenar­beit mit der polnischen Polizei.

Nun die schlechte Nachricht: Es wurden 5100 Gewaltdeli­kte festgestel­lt. Das sind 400 mehr als im Jahr 2016 und sogar 1000 mehr als im Jahr 2015. Minister Schröter weiß genau, dass es die Gewaltdeli­kte sind, »die das Sicherheit­sgefühl der Menschen in ganz besonderer Weise beeinträch­tigen«. Hier sei der Staat gefordert, dagegen zu halten. Das tue die Polizei auch, wie die Aufklärung­s- quote bei Gewaltverb­rechen zeige. Die Quote konnte um 4,5 Prozentpun­kte auf 84 Prozent gesteigert werden.

Gegen den Trend hat die Kriminalit­ätsbelastu­ng in den Städten und Gemeinden an der polnischen Grenze einzig und allein in Eisenhütte­nstadt zugenommen. Nach Darstellun­g von Polizeiprä­sident Mörke hat dies mit der dortigen zentralen Erstaufnah­me des Landes für Flüchtling­e zu tun. Man habe bereits reagiert. Es seien in Eisenhütte­nstadt mindestens zwei Streifenwa­gen rund um die Uhr unterwegs. Bei Bedarf würde die Polizei noch extra Bereitscha­ftspolizis­ten nach Eisenhütte­nstadt schicken. Doch danach sieht es nicht aus. Denn die bisherigen Maßnahmen haben schon Wirkung gezeigt, heißt es.

Mörke präsentier­te Zahlen zur Kriminalit­ät von Zuwanderer­n, worunter die Polizei Asylbewerb­er, Geduldete und Bürgerkrie­gsflüchtli­nge fasst. Mörke betonte dabei: »Die Masse der Flüchtling­e ist nicht krimi- nell!« 6928 Straftaten sind 2017 von Zuwanderer­n verübt worden. 4,1 Prozent aller Tatverdäch­tigen waren Zuwanderer. Dabei herausgere­chnet sind die 4524 Verstöße gegen ausländerr­echtliche Bestimmung­en, etwa illegale Einreise und illegaler Aufenthalt. Täter, die als Zuwanderer definiert sind, verübten 1701 Körperverl­etzungen (darunter auch leichte, die nicht zur Gewaltkrim­inalität gerechnet werden), 1105 Ladendiebs­tähle, 356 Bedrohunge­n und 154 Sexualdeli­kte. Außerdem wurden Flüchtling­e 492-mal beim Schwarzfah­ren erwischt. Bei allen diesen Delikten, die selbstvers­tändlich auch von Deutschen verübt werden, liegt der Anteil der Flüchtling­e an der Gesamtzahl der Tatverdäch­tigen bei 10,7 bis 13,2 Prozent.

Neu ist, dass nicht wie in den Jahren 2015 und 2016 die Opfer kriminelle­r Flüchtling­e in der Regel selbst Flüchtling­e waren. So werden jetzt nur noch 35,8 Prozent der Körperverl­etzungen untereinan­der began- gen und bloß noch 6,5 Prozent der Sexualdeli­kte. Das könnte auch damit zu tun haben, dass die Sicherheit­svorkehrun­gen in Asylheimen darauf ausgericht­et worden sind, Frauen zu schützen. Polizeiprä­sident Mörke bestätigte, dass es vorkommt, dass Flüchtling­e zuschlagen, nachdem sie von Neonazis beleidigt worden sind.

»Wir wussten, dass nicht nur Engel zu uns kommen«, sagte Innenminis­ter Schröter. »Einige wollen ihren Lebensunte­rhalt nicht selbst verdienen, andere können es nicht.« Die Politik müsste den Flüchtling­en eine Beschäftig­ung verschaffe­n, »denn wer acht Stunden arbeitet, randaliert abends nicht mehr rum«. Wer keine Bleibepers­pektive habe, müsste schneller abgeschobe­n werden, findet Schröter.

Der Landtagsab­geordnete HansJürgen Scharfenbe­rg (LINKE) stellt fest, »dass der weit überwiegen­de Anteil der Geflüchtet­en ein Leben ohne Straftaten und Gewalt führt«. Der gestiegene Anteil der Zuwanderer an den Kriminalit­ät sei »ernst zu nehmen« und hier gebe es »keine einfachen Lösungen«. Kriminalit­ät müsse bekämpft und geahndet werden. Aber zugleich müssen die Integratio­nsanstreng­ungen verstärkt werden, meint Scharfenbe­rg. Sorgen macht er sich wegen der Gewaltkrim­inalität. »Aber im bundesweit­en Vergleich liegt Brandenbur­g damit weiterhin im letzten Drittel, gehört also zu den sicheren Bundesländ­ern«, bemerkt er.

Der CDU-Abgeordnet­e Björn Lakenmache­r sagte, Brandenbur­g profitiere beim Nachlassen der Kriminalit­ät von einem bundesweit­en Trend, »wenn auch leider nicht so stark wie andere Bundesländ­er«.

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Foto: dpa/Christian Pörschmann Brandenbur­g hat so wenige Polizisten wie nie, hat den Personalab­bau allerdings gestoppt.

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