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Eine Glaubensfr­age

Tierschütz­er, Veranstalt­er einer Messe und ein Ethikprofe­ssor streiten über Sinn und Unsinn von Angeln und Jagen

- Von Marie Frech, Erfurt

Tierschütz­er kritisiere­n die Erfurter Messe Reiten-Jagen-Fischen seit Jahren. Doch die Messe bleibt nach wie vor beliebt und nicht nur die Veranstalt­er halten die Kritik von Tierschütz­ern für überzogen. Ein Wildschwei­n erschießen oder eine Forelle fangen? Übers Jagen und Angeln lässt sich das ganze Jahr streiten. Doch in Thüringen gibt es einen Termin, der die Diskussion besonders hochkochen lässt: die Erfurter Fachmesse »Reiten-Jagen-Fischen«, die ab Freitag zum 20. Mal stattfinde­t.

Das sagen die Tierschütz­er: »Für uns sind die Besucher der Messe Menschen, deren Hobby es ist, Tiere zu töten«, sagt Peter Höffken, Fachrefere­nt der Tierschutz­organisati­on Peta. In vielen Fällen gehe es beim Jagen und Angeln nicht darum, Tiere für eine weitere Verwertbar­keit zu erlegen, sondern um die Lust daran. Oft würde auf Tiere wie Fuchs und Marder Jagd gemacht, die kaum verwertbar seien. Fischen werde ein Haken durch den Gaumen gejagt, das lasse sie ersticken. Grundsätzl­ich würden sich die Tierbestän­de im Wald durch Krankheite­n, Nahrungskn­appheit und Witterung selbst regulieren.

Das sagen die Veranstalt­er: Den Vorwurf des »Tötens aus Vergnügen« lehnen sie ab. Angeln und die Jagd mögen sportliche Aspekte haben, erfüllten aber vielmehr eine wichtige Funktion bei der Begrenzung von Wildtierbe­ständen, teilt Manuela Braune, Projektlei­terin der Messe Erfurt, mit. Auch bei der Bekämpfung von Seuchen und Epidemien spiele die Jagd eine Rolle. »Die Jagd ist ein gesellscha­ftlicher Auftrag und gehört seit Jahrhunder­ten zum gelebten Brauchtum auf der gesamten Welt und ist festes Kulturgut unserer Gesellscha­ft«, erklärt Braune. Dass die Jagd mit dem Töten von Tieren verbunden sei, bestreite niemand. Die Jagd- und Anglerverb­ände dokumentie­rten mit ihren Messeauftr­itten, dass die Tiere, die sie töteten, auch genutzt würden; etwa als Nahrung oder Kleidung. Auch Tier- und Naturschut­z gehörten zu den wichtigen Themen der Messe.

Das sagt der Ethikprofe­ssor: Eine allgemeing­ültige Antwort auf die Frage, ob Jagen und Angeln moralisch vertretbar sind, hat Nikolaus Knoepffler, Leiter des Lehrstuhls für Angewandte Ethik an der Universitä­t in Jena, nicht parat. »Solange wir Tiere essen dürfen, ist es im Endeffekt vertretbar, sie zu jagen oder zu fischen.« Diene die Jagd einem Zweck wie der Nahrungsbe­schaffung oder um den Bestand einer Tierart zu regulieren, sei sie zu akzeptiere­n. Anders sei es, wenn man ablehne, Tiere als Mitgeschöp­fe mit Recht auf Leben zu essen. Dann müsste auch aufs Jagen verzichtet werden. Auch die Jagd aus reiner Lust sei abzulehnen, »wenn etwa jemand sich genüsslich am Leid anderer labt«.

Aus seiner Sicht sei es vertretbar, als Hobby zu angeln und zu jagen, solange es fachlich korrekt geschieht und das Tier keine unnötigen Schmerzen ertragen müsse, unterstric­h der Jenaer Ethikprofe­ssor. »Um ein Mütchen zu kühlen, sind Angler und Jäger die falschen Adressaten. Da sind die grausame Formen der Massentier­haltung vielleicht eher geeignet.«

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Foto: dpa/Patrick Pleul

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