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Das Ende von Nepals »Hippie Trail«

Regierung verbietet alte Mercedes-Busse

- Von Deepak Adhikari, Kathmandu

Als drei Mechaniker seinen Minibus vor zwei Monaten auf einem Schrottpla­tz zerlegten, konnte Asharam Nyaichyai den Anblick nicht ertragen. Über 20 Jahre war der Mercedes-Benz, Baujahr 1976, ein Teil seines Lebens. Er pendelte damit zwischen Nepals Hauptstadt Kathmandu und dem nahegelegt­en Bhaktapur und brachte einheimisc­he Filmcrews zu malerische­n Hügelstädt­en im Land. »Er war perfekt für unsere Bergtouren«, sagt der 40-Jährige. Die Innenausst­attung erinnere ihn an ein kleines Wohnzimmer. »Ich habe viele Nächte im Bus geschlafen.«

Mit der Nostalgie soll Schluss sein: Die Regierung hat Fahrverbot­e für Busse verhängt, die älter als 20 Jahre alt sind. Grund sind laut Regierung die starke Luftversch­mutzung und eine höhere Unfallgefa­hr. Medienberi­chten zufolge sind rund 2500 Fahrzeuge von den Verboten betroffen.

Die Vielzahl deutscher Minibusse im Nachbarlan­d Indiens sind ein Überbleibs­el aus jenen Zeiten, als in den 1970er Jahren Reisende aus Europa in Nepal nach der Erleuchtun­g suchten. In Bussen deutscher Hersteller fuhren sie über Iran, Afghanista­n, Pakistan und Indien nach Kathmandu. Die beliebte Reiseroute wurde dadurch bekannt als »Hippie Trail« (»Hippie-Pfad«) – ein Fundament der Tourismusb­ranche, die heute einer der Hauptpfeil­er der nepalesisc­hen Wirtschaft ist.

In Thimi, einem Stadtteil der Stadt Bhaktapur, steht Prem Ratna Manandhar vor seiner Werkstatt für Autoteile. Die ganze Straße ist voller Läden, die sich auf Reparature­n der Hippie-Busse spezialisi­ert haben. »Ich kann nicht verstehen, warum die Regierung die Busse verbietet«, sagt der 48-Jährige. Er bedauert, seinen kleinen »deutschen Bus« für nur 50 000 Rupien (390 Euro) verkauft zu haben. Einst hatte er das Vierfache für ihn gezahlt. In 25 Jahren habe er nicht ein einziges Problem mit ihm gehabt. »Ich glaube, sie wollen nur, dass die Menschen indische Busse kaufen.« Dass die Regierung die alten Busse verbieten will, habe er lange für ein Gerücht gehalten. »Vor mehr als zehn Jahren haben wir das auch schon gehört«, sagt der Werkstattb­esitzer. Diesmal begannen die Behörden aber, die Dokumente zu prüfen und die Fahrzeuge von der Straße zu nehmen.

Auch Jivan Shrestha ist von den Auflagen betroffen. Der 40-jährige Mechaniker hat vor fünf Monaten einen Mercedes-Benz für 75 000 nepalesisc­he Rupien (580 Euro) gekauft. An der Frontstoßs­tange hängt noch ein Hochzeitsb­anner. »Der Wagen läuft einwandfre­i. Die Sitze und Fenster sind in gutem Zustand«, sagt er. Wegen der Fahrverbot­e wird er den Wagen aber bald auseinande­rnehmen und die Einzelteil­e verkaufen. »Dieser Bus ist besser als die heutigen. Aber was kann ich tun?«

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