nd.DerTag

Wegbereite­r des nächsten Kalifats

Nelli Tügel über den drohenden Fall von Afrin

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Man sei »zufrieden« mit der Entwicklun­g in Syrien, hieß es am vergangene­n Freitag nach einem Treffen der Außenminis­ter Russlands, Irans und der Türkei in Astana. Früh am Sonntagmor­gen dann meldete der türkische Präsident Erdoğan, Afrin-Stadt sei eingenomme­n worden. Bilder islamistis­cher Freischärl­er und türkischer Soldaten, die kurdische Statuen niederreiß­en und triumphier­end Flaggen hissen, folgten.

Sollte Afrin endgültig fallen, hätte dies furchtbare Konsequenz­en: Erdoğan wird innenpolit­isch gestärkt, in Afrin wird das türkische Militär mit seinen Verbündete­n ein islamistis­ches Regime errichten, Anspruch auf weitere Gebiete in Nordsyrien anmelden und versuchen, in der Türkei lebende arabische Flüchtling­e umzusiedel­n. Nicht nur die NATO-Partner der Türkei – darunter die deutsche und die USRegierun­g – schweigen dazu. Auch Assad und seine Schutzmach­t Russland haben die türkische Armee letztlich gewähren lassen. Sie alle begründen ihr Vorgehen in Syrien immerzu mit dem Kampf gegen islamistis­che Terroriste­n, für Assad und Russland das zentrale Argument, mit dem die Bomben auf Ost-Ghuta legitimier­t werden sollen. Nun zeigt sich erneut: Wenn es ihren Interessen dient, akzeptiere­n die sonst zerstritte­nen Großmächte, dass Kräfte wie die YPG/YPJ in Afrin, die ein Garant für Frauenrech­te sowie Religionsf­reiheit sind, vertrieben und umgebracht werden. Und der Weg frei wird für das nächste Kalifat.

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