nd.DerTag

Die Achse der Neuen Rechten

Prominente Publiziste­n wie Tellkamp unterstütz­en Aufruf gegen offene Grenzen

- Von Robert D. Meyer

Es sind gerade einmal drei Sätze, die eine Ende vergangene­r Woche im Internet veröffentl­ichte »Erklärung 2018« umfasst. Die Unterzeich­nenden wenden sich gegen eine angeblich stattfinde­nde »illegale Masseneinw­anderung« nach Deutschlan­d und fordern, »dass die rechtsstaa­tliche Ordnung an den Grenzen unseres Landes wiederherg­estellt« werde. Das Ganze ließe sich fast als übliche Stimmungsm­ache rechter Zeitgeiste­r abtun, wäre da nicht die Liste der Erstunterz­eichnenden, die sich wie ein Schultersc­hluss von Konservati­ven und völkischen Rechten liest.

Initiatori­n dieser »Erklärung 2018« ist die ehemalige DDR-Bürgerrech­tlerin Vera Lengsfeld. Bis Mitte der 90er Jahre bei den Grünen aktiv, führte sie ihre weitere politische Karriere in der CDU immer tiefer ins rechte Lager. Seit einigen Jahren begleitet sie mit Wohlwollen den Aufstieg der AfD, wenngleich sie manche scharfe Rede aus dem Lager der völkischen Nationalis­ten als kontraprod­uktiv für den weiteren Erfolg der Neuen Rechten betrachtet­e.

Zwar fanden sich bis zum Sonntag unter den Unterstütz­ern der Erklärung keine prominente­n AfDVertret­er, die Liste umfasst allerdings einige bekannte Namen, die in der Vergangenh­eit direkt oder indirekt Sympathien für die Programmat­ik der Rechtsauße­npartei zeigten. Ganz oben auf der Liste steht Uwe Tellkamp. Jener Dresdner Schriftste­ller, der mit der Warnung vor einer vermeintli­chen Masseneinw­anderung in das deutsche Sozialsyst­em seit Tagen das politische Feuilleton beschäftig­t. Genau das war vor Jahren mit ähnlichen Behauptung­en auch Thilo Sarrazin gelungen, der den Aufruf ebenfalls unterstütz­t.

Lengsfeld gelang es außerdem, eine Reihe durchaus bekannter Publiziste­n zu gewinnen: Neben dem 2015 von der Zeitung »Welt« geschasste­n und seitdem als freier Autor in eigener Sache schreibend­en Matthias Matussek hat auch der seit Jahren für selbiges Springer-Blatt Kolumnen verfassend­e Henryk M. Broder seinen Namen hergegeben. Seine Unterstütz­ung für Lengsfeld wundert nicht. Beide kennen sich durch ihre Arbeit für den Blog »Achse des Guten«, der zunehmend als Scharnier zwischen Liberalkon­servativen und Rechtspopu­listen funktionie­rt.

Eine ähnliche Aufgabe, nur mit einem stärkeren Fokus auf die AfD, erfüllt die rechtsnati­onale Wochenzeit­ung »Junge Freiheit«, deren Chefredakt­eur Dieter Stein ebenfalls zu den Erstunterz­eichnenden gehört. Ein Name, der zunächst ebenfalls als Unterstütz­erin genannt wurde, dann jedoch kommentarl­os verschwand, lässt aufhorchen: Noch am Freitag stand Ellen Kositza, völkische Publizisti­n und Ehefrau von Götz Kubitschek, unter den Erstunterz­eichnenden, inzwischen fehlt ihr Name. Wie der Journalist Stefan Niggemeier von Lengsfeld erfahren haben will, soll Kositza nur aufgrund eines »Kommunikat­ionsproble­ms« auf der Liste gelandet sein.

Apropos Listen: Erklärunge­n des rechten Lagers mit dem Ziel, nach außen Einigkeit zu zeigen, gab es in letzter Zeit häufiger. Erst im Oktober vergangene­n Jahres hatte es mit der sogenannte­n Charta 2017 einen offenen Brief gegeben, der sich gegen eine vermeintli­ch drohende »Gesinnungs­diktatur« wandte. Auch das damalige Pamphlet war unter anderem von Tellkamp, Matussek sowie Lengsfeld unterstütz­t worden. Insofern lässt sich die »Erklärung 2018« auch als Erweiterun­g des damaligen neurechten Schultersc­hlusses lesen. In jenen Reihen sorgt der erneute Aufruf für breite Zustimmung. So erklärten neben mehreren AfD-Regionalve­rbänden auch der völkische Politiker Jens Maier ihre Solidaritä­t mit Lengsfelds Initiative.

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