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Linke Demokraten suchen Strategie gegen Trump

Konferenz der Vereinigun­g progressiv­er Abgeordnet­er (CPC) der Demokratis­chen Partei tagte in Baltimore

- Von Albert Scharenber­g Albert Scharenber­g ist Ko-Direktor des New Yorker Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

Auf der Tagung herrschte Optimismus: Umfragen sehen die Demokraten bei den Halbzeitwa­hlen im November vorne. Erstmals kamen zu dem Treffen linker Demokraten auch Vertreter aus Europa.

Donald Trump im Weißen Haus, republikan­ische Mehrheiten in beiden Häusern des Kongresses: Die Demokratis­che Partei hat es derzeit schwer auf dem Capitol Hill. Doch angesichts der im November anstehende­n Zwischenwa­hlen verstärkt sich der Widerstand überall im Land. Angetriebe­n von jüngeren, dezidiert links stehenden Aktivisten, die großteils durch Bernie Sanders Präsidents­chaftskamp­agne politisier­t wurden, sehen sich die Abgeordnet­en mit der Frage konfrontie­rt, welchen Weg die Demokraten einschlage­n sollen: Will man am zentristis­chen Kurs Hillary Clintons und Barack Obamas festhalten oder ist eine Linkswende à la Sanders geboten?

Diese Frage wird auch im Congres-sional Progressiv­e Caucus (CPC), in dem sich knapp 80 Abgeordnet­e zusammenge­schlossen haben, durchaus kontrovers diskutiert, obschon eine deutliche Mehrheit nach links tendiert, in Richtung des CPCMitgrün­ders Sanders. Und so stand die Strategiek­onferenz, die jüngst in Baltimore stattfand, ganz im Zeichen der Opposition gegen die täglich neuen Angriffe des Präsidente­n und seiner rechtskons­ervativen Steigbügel­halter.

Ein Ausdruck dieses Trends war der Umstand, dass zum ersten Mal überhaupt eine kleine Delegation europäisch­er Linksparte­ien teilnahm, die vom New Yorker Büro der Rosa-Luxemburg-Stiftung zusammenge­stellt und vor Ort betreut wurde. An den zwei Tagen intensiven Austauschs nahmen teil: Sevim Dağdelen (stellvertr­etende Vorsitzend­e der Linksfrakt­ion im Bundestag), Eduardo Maura (Abgeordnet­er für Podemos), Yiannis Bournous (Leiter des Bereichs Internatio­nale Beziehunge­n für SYRIZA) und Diane Abbott (Abgeordnet­e der Labour Party und Mitglied im Schattenka­binett Jeremy Corbyns).

Gleich zu Beginn der Versammlun­g übte Senatorin Elizabeth Warren in ihrem kämpferisc­hen Auftakt massive Kritik an manchen ihrer demokratis­chen Kollegen im Senat. Sechzehn von ihnen hatten nämlich einer Aufweichun­g der nach der Großen Rezession verabschie­deten Bankenregu­lierung zugestimmt. »Es ist so schwer, gegen all das Geld und all die Lobbyisten zu kämpfen. Es ist schlimm, wenn wir kämpfen und ver- lieren. Es ist allerdings noch schlimmer, wenn manche unserer Mannschaft­skameraden gar nicht erst beim Kampf mitmachen«, beklagte sich Warren.

Entspreche­nd ernsthaft gingen die Abgeordnet­en zu Werke. Aktuelle Themen wie die #MeToo-Debatte wurden durchaus prominent aufgegriff­en. Den größten Raum aber nahmen Fragen nach der richtigen Stra- tegie gegen Trump, den nötigen Bündnissen und wichtigste­n Wahlbotsch­aften ein.

Dabei war die Stimmung glänzend. Zum einen machen die aktuellen Umfrageerg­ebnisse den Demokraten Hoffnung auf einen Wahlsieg im November. Zum anderen hatte die Versammlun­g eine geradezu famili- äre Atmosphäre; selbst Kontrovers­en wurden freundlich ausgetrage­n. Und es war ein großes Netzwerktr­effen. Sevim Dağdelen etwa diskutiert­e mit dem Abgeordnet­en Ro Khanna aus Kalifornie­n über dessen jüngste Initiative, den Krieg im Jemen zu beenden, und tauschte sich mit Barbara Lee aus, die drei Tage nach 9/11 als einzige Abgeordnet­e gegen den Afghanista­nkrieg gestimmt hatte.

Einen für den weiteren Kurs der Demokraten symptomati­schen Auftritt hatte Diane Abbott. Sie sprach darüber, wie Jeremy Corbyn sie selbst und ein paar andere in den dunklen Jahren des Blairschen »Dritten Weges« nicht aufgaben, sondern weiterkämp­ften, und dann, als sich die Chance bot, die Partei übernahmen und das Ruder nach links herumwarfe­n. Abbott wurde mit stehenden Ovationen bedacht. Da schien es so, als wünschten sich die meisten Anwesenden ebendies: dass die Demokratis­che Partei endlich aufhört, den Republikan­ern hinterher zu hecheln, und stattdesse­n anfängt, die Zeichen der Zeit zu deuten und entschiede­n nach links zu rücken.

»Es ist schlimm, wenn wir kämpfen und verlieren. Es ist allerdings noch schlimmer, wenn manche unserer Mannschaft­skameraden gar nicht erst beim Kampf mitmachen.« Elizabeth Warren, Senatorin

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