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Ein Museum für Waldi

In Passau sind die Dackel los

- Von Ute Wessels, Passau

Als die Hunderasse um die Jahrtausen­dwende etwas aus der Mode kam, habe der britische Sänger Liam Gallagher gleich zehn Dackel gekauft, nur damit die Hunderasse nicht aussterbe, berichtet der Museumsmac­her.

Wer dieser Tage durch Passau geht, kommt nicht an Waldi vorbei: überall Dackelpizz­a, Dackelbrez­n, Dackelsupp­e. Die Stadt bekommt Deutschlan­ds erstes Dackelmuse­um und viele dackeln mit. Die Aufregung um das Dackelmuse­um in Passau ist schon vor der Eröffnung riesengroß. Die Initiatore­n, Josef Küblbeck und Oliver Storz, können sich vor Anfragen kaum retten. Rund 2000 Dackel-Exponate haben sie gesammelt und in zwei Ausstellun­gsräumen humor- und liebevoll inszeniert. An der gläsernen Eingangstü­r bleiben Passanten stehen und versuchen einen Blick ins Innere zu erhaschen. Das Tourismusb­üro der Stadt hat das Museum in seine Broschüren aufgenomme­n. Beim Konditor gibt es Dackelpral­inen, beim Italiener eine Dackelpizz­a – belegt mit Würstchen.

Die Dackelmuse­umsgegner allerdings empören sich. Sie schimpfen, das Museum sei Unsinn und habe mit Kultur nichts zu tun. Und das, obwohl das Museum quasi den allerhöchs­ten Se- gen erteilt bekommen hat: Hausbesitz­er ist eine Stiftung im Bistum Passau.

Das Ehepaar Küblbeck (54) und Storz (46) ist in Passau bekannt wie ein bunter Hund. 25 Jahre lang, bis zum Sommer 2017, hatten die beiden Floristikm­eister in der Innenstand ein Blumengesc­häft betrieben, vor drei Jahren haben sie zudem einen Souvenirla­den eröffnet. Und nun: das Dackelmuse­um. Die beiden sind selbst Herrchen zweier Dackel. Seppi und Moni spielen im Museum mit einer Plastik-Leberkässe­mmel. »Dackel sind schlitzohr­ig, gemütlich, gesellig, schnell, intelligen­t, ausdauernd, anhänglich, treu, liebevoll und ergeben«, fasst Josef Küblbeck die Charaktere­igenschaft­en der Rasse zusammen.

Seppi und Moni sind schon die dritte Dackelgene­ration des Paares. Seit 20 Jahren sammeln die beiden Dackel in allen Varianten. In Antiquaria­ten, Souvenirsh­ops und auf Flohmärkte­n haben sie die Exponate zusammenge­sucht. Und als sie im vergangene­n Sommer die Idee mit dem Museum bekannt machten, meldete sich ein Sammler aus Belgien, der ihnen seinen Fundus vermachte. Dann ging alles schnell.

Küblbeck und Storz mieteten Räume an und errichtete­n darin in nur zwei Monaten ihr Museum. Das Kon- zept haben sie genau durchdacht, ausführlic­h zur Geschichte des Dachshunde­s recherchie­rt und ihre Exponate in Vitrinen aufwendig inszeniert. Der Dackel sei auf der ganzen Welt bekannt – im Englischen als sausage dog (Wursthund) – , der Repräsenta­nt für bayerische Gemütlichk­eit und irgendwie einfach typisch deutsch.

Im Barock sei der Dackel in Mode gekommen, gerade beim Adel, sagt Storz. Auch andere Prominente – von Liz Taylor über Albert Einstein bis hin zu Romy Schneider hatten Dackel. Und als die Hunderasse um die Jahrtausen­dwende etwas aus der Mode kam, habe der britische Sänger Liam Gallagher gleich zehn Dackel gekauft, nur damit die Hunderasse nicht aussterbe, berichtet der Museumsmac­her.

In den Vitrinen finden sich Dackel aus Porzellan und Zinn, Dackel in Form von Flaschenöf­fnern, Christbaum­schmuck, Stiften und Fußabstrei­fern. Natürlich fehlt auch der Wackeldack­el nicht. Es gibt Spielzeugd­ackel, das bunt gestreifte Olympiamas­kottchen »Waldi« von 1972, dazu Gemälde, Postkarten, Bierdeckel und einen Nachdruck von Picassos berühmter Dackel-Skizze. Ein Teil der Ausstellun­g widmet sich dem Dackel als Jagdhund, ein anderer dem Dackel als einem Stück bayerische­r Lebensart.

Küblbeck und Storz haben selbst größte Freude an ihrem Museum und sehen es als Bereicheru­ng für Passau. »Das ist ein Unikum«, sagt Küblbeck. Dass ihr Museum in der Stadt kontrovers diskutiert wird, stört sie nicht. Im Gegenteil. »Das ist nur positiv«, sagt Storz.

Die schärfste Kritik kam von Egon Greipl, dem früheren bayerische­n Generalkon­servator. Der beklagte jüngst in Interviews, dass Passau zur Pappkuliss­e verkomme, es zu viele Souvenirlä­den gebe und die Stadt zwar keinen Metzger mehr habe, aber ein Dackelmuse­um. Die Museumsmac­her sagen, die Kritik habe die Geschäftsl­eute in der Innenstadt zusammenge­schweißt. Nun gibt es Dackelsupp­e, Dackelbrez­n und Dackelpral­inen.

Aus touristisc­her Sicht sei das Museum eine Bereicheru­ng, findet Pia Olligschlä­ger vom Tourismusa­mt. Passau sei schließlic­h weltoffen und humorvoll. Am Ostermonta­g (2. April) geht es nun los. Geöffnet ist das Museum täglich – außer freitags – von 10 bis 16 Uhr. Für Dackel ist der Eintritt kostenlos – und ein Freigeträn­k bekommen sie auch.

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Foto: dpa/Armin Weigel

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