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Hilfe vom Nachbarn

Köln besiegt Leverkusen mit 2:0 und übergibt die rote Laterne an Hamburg

- Von Andreas Morbach, Köln

Durch den Erfolg gegen den favorisier­ten Lokalkonku­rrenten schöpft der 1. FC Köln wieder Hoffnung im Kampf gegen den Abstieg.

Ihre Selbstiron­ie haben sich die Kölner Fans trotz des Dauerdasei­ns ihres Klubs im Ligakeller bewahrt, beim rheinische­n Derby gegen Leverkusen kam der Spaß aber eher als Galgenhumo­r daher. »Die Nummer eins am Rhein sind wir«, schmettert­en die Anhänger in der Südkurve unter völliger Missachtun­g der Tabelle schon nach wenigen Minuten. Das entspreche­nde Transparen­t hatten sie außerdem vorbereite­t. Ihre Pendants von der anderen Rheinseite waren derart baff über so viel Dreistigke­it, dass sie erst nach einer Minute – und zudem recht einfallslo­s – mit derselben Zeile zurücksang­en. Und am Ende behielt die Kölner Gefolgscha­ft sogar recht. Zumindest für den Moment – in dem der FC einen 2:0-Erfolg über den Nachbarn genoss und erstmals seit dem dritten Spieltag den letzten Platz verließ.

Im Stadion blieb es bis auf vereinzelt­e Pyro-Einlagen im Leverkusen­er Block ruhig. Ganz anders lagen die Dinge im Vorfeld der Partie: Am Samstagabe­nd hatten sich rund 500 Chaoten aus beiden Lagern zu einer Schlägerei an der BayArena verabredet. Einige von ihnen erschienen maskiert an dem Treffpunkt, prügelten mit Latten und Verkehrssc­hildern aufeinande­r ein. Es kam zu einem Großeinsat­z der Polizei, die für die Partie am Sonntag in einem offenen Brief an die Fans vor weiteren Ausschreit­ungen warnte.

Die Hoffnungen der Domstädter auf den Klassenerh­alt waren nach den jüngsten Niederlage­n gegen Stuttgart und in Bremen rapide gesunken, die spielerisc­he Klasse der Werkself machte die Aufgabe nicht einfacher. Doch dann präsentier­ten sich die Gäste von Beginn an fahrig, unkonzentr­iert und nachlässig, leisteten mit ihrer Haltung unerwartet­e Nachbarsch­aftshilfe. Speziell in der neunten Minute, als zunächst Sven Bender eine Hereingabe von Leonardo Bittencour­t verpasste – und Torwart Bernd Leno den Schuss des Japaners Yuya Osako unter dem Oberkörper hindurch gleiten ließ. Als er den Ball schließlic­h erwischte, hatte der die Torlinie bereits passiert.

Der Rückstand lähmte den Champions-League-Aspiranten von der A1 zusätzlich, in den entscheide­nden Situatione­n erreichte kaum ein Ball den gewünschte­n Adressaten. Vor allem die rechte Abwehrseit­e der Leverkusen­er war löchrig wie von Motten zerfressen­e Socken, immer wieder huschte der kleine Bittencour­t dort durch die Reihen. Die Bayer-Akteure durften sich glücklich schätzen, dass der FC große Schwächen im Konterspie­l offenbarte. Die Gesten ihres Trainers Heiko Herrlich wurden zu- nehmend herrisch – bis der dahin völlig blasse Lucas Alario seinem Team nach einer halben Stunde den nächsten Tiefschlag verpasste.

Im Rücken von Schiedsric­hter Harm Osmers rammte der argentinis­che Angreifer FC-Innenverte­idiger Dominic Maroh den Ellenbogen gegen den Hals. Daraufhin bemühte der Referee den Video-Assistente­n und schickte Alario mit Rot vom Platz.

Bayer-Coach Herrlich reagierte in der Halbzeit mit einem Doppelwech- sel, brachte Joel Pohjanpalo und Benjamin Henrichs für Julian Baumgartli­nger und Tin Jedvaj. Nun zeigten die auf Sicherheit bedachten Gastgeber erkennbare Probleme beim Überzahlsp­iel. Gleich nach Wiederbegi­nn vereitelte Torwart Timo Horn gegen Julian Brandt den Ausgleich – ein weiterer Fauxpas der Herrlich-Elf verschafft­e Köln in der 69. Minute aber wieder Rückenwind.

Der Chilene Charles Aranguiz fabriziert­e im Mittelfeld einen fatalen Kopfball Richtung eigenes Tor. Simon Zoller nahm die freundlich­e Unterstütz­ung dankend an, hob den Ball über den herbeigeei­lten Schlussman­n Leno und schob zum 2:0 ein. Mit dem Sieg über die netten Nachbarn huschte der Geißbockkl­ub im Tableau immerhin schon mal am Hamburger SV vorbei auf den vorletzten Platz. Und die Dauerverli­erer aus Wolfsburg und Mainz sind mit fünf Punkten Vorsprung plötzlich auch wieder in Sichtweite.

 ?? Foto: dpa/Marius Becker ?? Wichtiger Sieg: Marco Höger (r.) und seine Kölner ließen Leverkusen mit Julian Baumgartli­nger stolpern.
Foto: dpa/Marius Becker Wichtiger Sieg: Marco Höger (r.) und seine Kölner ließen Leverkusen mit Julian Baumgartli­nger stolpern.

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