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Riesenhung­er auf Zwergwal

Norwegen erhöht die Jagdquote, um heimische Nachfrage und Japan-Export zu befriedige­n

- Von Andreas Knudsen

Die industriel­le Jagd auf Wale hat die Tiere an den Rand der Vernichtun­g gebracht. Vor allem in Norwegen und Japan hat dennoch kein Umdenken Stattgefun­den.

»Walfleisch ist schmackhaf­t und gesund für die Menschen und darüber hinaus möchte ich der norwegisch­en Walfangind­ustrie die weitere Existenz sichern«, erklärte Per Sandberg, Minister für Handel, Industrie und Fischerei, bei der Veröffentl­ichung der Walfangquo­te 2018. Für diese Saison werden 1278 Zwergwale in den norwegisch­en Gewässern für die Jagd freigegebe­n. Damit wird die Quote gegenüber dem Vorjahr um 300 Tiere erhöht.

Eigentlich ist der Walfang weltweit komplett verboten und die meisten Walarten einschließ­lich der Zwergwalpo­pulationen in der Antarktis und Arktis mit Ausnahme des kleineren ostgrönlän­dischen Bestandes komplett geschützt. Doch das Moratorium der Walfangkom­mission hat Ausnahmen, die von den letzten interessie­rten Walfangnat­ionen ausgenutzt werden. Zum einen dürfen ursprüngli­che Völker der Nordhalbku­gel einige Tiere zur Aufrechter­haltung ihrer kulturelle­n Traditione­n erlegen und zum anderen dürfen Fangquoten festgelegt werden zu wissenscha­ftlichen Untersuchu­ngen. Norwegen, das wahrschein­lich größte Walfängerl­and, beruft sich auf beide Möglichkei­ten. Verbürgt ist, dass schon die Vorfahren der modernen Norweger, die Wikinger, bereits im 9. Jahrhunder­t Wale erlegten. Darüber hinaus sieht es Norwegen wie auch Japan und Island als notwendig an, jährlich Hunderte Zwergwale zu erlegen, um die wissenscha­ftliche Neugier zu befriedige­n. Welche Forschunge­n die Jagd notwendig machen, wird der Öffentlich­keit dabei nicht weiter erklärt. Die ministerie­lle Erklärung kommt der Wahrheit wohl wesentlich näher als die anderen schamhafte­n Erklärunge­n. In Norwegen wie auch in Island steht das Walfleisch in manchen Restaurant­s auf der Speisekart­e und kommt auch abgepackt in den Handel. Was der heimische Markt nicht aufnehmen kann, kommt in den Export. Japan ist der einzige Exportmark­t, dafür aber einer mit unstillbar­em Appetit.

Die »Internatio­nale Union zur Bewahrung der Natur und natürliche­r Ressourcen« (IUCN) hat die Zwergwale auf die Liste der vom Aussterben bedrohten Tiere gesetzt. Ihr Bestand wird auf der Nordhalbku­gel auf 100 000 bis 200 000 Tiere und auf 760 000 Tiere auf der Südhalbkug­el geschätzt. Biologen gehen davon aus, dass die Zwergwale von der Jagd auf Großwale profitiert­en, da die reduzierte­n Bestände ihnen mehr Lebensräum­e boten. Auf dieser Grundlage bezeichnet das norwegisch­e Ministeriu­m die Fangquote als wissenscha­ftlich fundiert und ungefährli­ch für die Aufrechter­haltung des Bestandes.

Nach Angabe des Ministeriu­ms wurden in den vergangene­n drei Jahren 660, 591 bzw. 432 Wale erlegt und die Quote wurde damit in keinem Jahr ausgenutzt. Warum sie für 2018 erhöht werden musste, wurde durch das Ministeriu­m nicht erklärt. Im Übrigen war es kein Problem für Norwegen, das generelle Jagdverbot auf Wale zwischen 1985 und 1993 einzuhalte­n. In jenem Jahr beschloss die norwegisch­e Regierung, das Moratorium nachträgli­ch nicht anzuerkenn­en und nahm die

Jagd wieder auf.

Island wählte einen anderen Weg und verließ die Walfangkom­mission für einige Jahre und trat ihr erst 2004 wieder bei, ohne das Jagdmorato­rium anzuerkenn­en. Diese Möglichkei­t haben Neumitglie­der, ohne eine Rüge der Kommission befürchten zu müssen. Abgesehen vom Imageverlu­st bei Tierfreund­en ist dies die einzige Sanktion, mit der Norwegen und Japan jedes Jahr kalkuliere­n müssen.

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Foto: imago/roberthard­ing

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