nd.DerTag

Vergesst die Mutigen nicht!

Nelli Tügel über den Verkauf der Doğan-Gruppe in der Türkei

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Ein der AKP-Regierung ergebener Konzern plant, die größte Mediengrup­pe der Türkei zu kaufen. Die Nachricht ist skandalös, auch wenn einige im Westen mit den Schultern zucken mögen, nach dem Motto: Tja nun, Pressefrei­heit gibt’s dort sowieso nicht mehr. Das ist ein Irrtum, auf den auch die verblieben­en regierungs­kritischen Blätter wie »Evrensel«, »Cumhuriyet« oder »BirGün« immer wieder hinweisen. Sie sagen: Wenn ihr die Pressefrei­heit schon für tot erklärt, dann vergesst ihr uns! Wir aber machen unsere Arbeit – unter widrigsten Umständen. Die Doğan-Gruppe gehört freilich schon länger nicht mehr zu denen, die der Regierung mit kritischem Journalism­us das Leben schwer machen. Zeitungen wie die auflagenst­arke »Hürriyet« oder Sender wie CNN-Türk haben sich dem Druck Erdoğans in den vergangene­n Jahren zu oft ergeben und beispielsw­eise in Ungnade gefallene Reporter entlassen.

Nun aber sollen sie direkt unter der Kontrolle der Regierung stehen – insgesamt beträfe dies dann 90 Prozent der türkischen Medien. Der Doğan-Deal ist weder das Ende der Pressefrei­heit in der Türkei, noch ist es der Anfang einer Entwicklun­g, die diese immer weiter erdrückt. Er ist ein weiterer Schritt zur Autokratis­ierung – allerdings ein ziemlich großer.

Umso wichtiger, diejenigen, die weiter mit Herzblut und einer gehörigen Portion Mut freie Medien produziere­n, zu unterstütz­en. Sie halten die Fahne der Pressefrei­heit hoch. Auch wenn der Wind, der ihnen entgegensc­hlägt, eisiger kaum sein könnte.

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