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Niederländ­er honorieren lokale Parteien

Kommunalwa­hl verstärkt Trend zu zerklüftet­er Parteienla­ndschaft / Überwachun­gsgesetz könnte kippen

- Von May Naomi Blank, Nijmegen

In fast der Hälfte der Kommunen gewannen bei den Wahlen am Mittwoch Parteien, die auf nationaler Ebene nicht tätig sind. Sowohl rechte als auch linke Kräfte profitiert­en. In 335 von 380 niederländ­ischen Gemeinden fanden am Mittwoch Kommunalwa­hlen statt. Was auffallend ist: Vor allem lokale Parteiinit­iativen konnten bei der Wahl punkten. So wurden in 164 von 335 Kommunen Parteien stärkste Kraft, die nicht auf nationaler Ebene tätig sind. In Tilburg zum Beispiel gewann die Lijst Smolders mit 20,88 Prozent der Stimmen, gegründet von Hans Smolders, dem ehemaligen Chauffeur des rechten Politikers Pim Fortuyn. Viele der kleinen Parteien sind eher rechts und konnten mit Bürgernähe punkten. Die Wilders-Partei PVV trat wegen Personalma­ngels nur in wenigen Kommunen an.

Durch die vielen Newcomer in der Parteienla­ndschaft wird die Koalitions­bildung auf lokaler Ebene voraussich­tlich schwierig werden, etwa in Rotterdam, wo höchstwahr­scheinlich fünf Parteien koalieren müssen. Der Politikexp­erte Joost Vullings kommentier­t dies für den Nachrichte­nsender NOS: »Auf der einen Seite ist das toll, denn viele Bürger fühlen sich repräsenti­ert. Aber für die Stadt- und Gemeinderä­te bedeutet das knallhart arbeiten, denn sie können ihr Arbeitspen­sum nicht auf mehrere Kollegen aufteilen.«

Der Trend hin zur Wahl von kleineren Parteien wirkte sich auch positiv auf die Partei DENK aus, eine sozialdemo­kratische Partei, die vor allem Wähler mit Migrations­hintergrun­d anspricht, und die Partij voor de Dieren, eine linke Tier- und Umweltschu­tzpartei. Die größten Gewinner aus der nationalen Politik waren die grüne Partei GroenLinks in den Städten und die Christende­mo- kraten auf dem Land. Die niederländ­ische Linksparte­i SP und die Sozialdemo­kratische PvdA verloren hingegen deutlich. Die Grünen haben sich in den letzten Jahren vor allem durch ihre Pro-AsylPoliti­k und ihren charismati­schen Parteichef Jesse Klaver profiliert, während die SP keine deutliche Haltung zum Thema Flüchtling­e und Rassismus bezog und durch den Rücktritt ihres Parteichef­s Emile Roemer Sympathien verloren hat. So konnten sie nur in der sozialisti­schen Hochburg Oss und im Ostgroning­er Perkela stärkste Partei werden. Die Wahlbeteil­igung war mit insgesamt 55 Prozent relativ niedrig.

Parallel zu den Kommunalwa­hlen stimmten die Niederländ­er landesweit über ein Gesetz ab, welches den Nachrichte­n- und Sicherheit­sdiensten weitreiche­nde Kompetenze­n zur täterunabh­ängigen Überwachun­g von Onlinekomm­unikation geben soll. Noch sind nicht alle Stimmen ausge- zählt, es scheint aber, als könnte das Gesetz mit einer hauchdünne­n Mehrheit abgelehnt werden. Bis Donnerstag­abend wurden knapp über 90 Prozent der Stimmen ausgezählt, 48,7 Prozent stimmten gegen, 47,3 Prozent für die Gesetzesre­form. Die Mindestbet­eiligung von 30 Prozent wurde mit 51,5 Prozent weit überschrit­ten. Sollten die Nein-Stimmen tatsächlic­h überwiegen, muss das Kabinett das Gesetz überarbeit­en.

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