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Ermittlung­en gegen Nicolas Sarkozy

Frankreich­s Ex-Präsident gerät wegen Geld aus Libyen unter Druck

- Von Ralf Klingsieck, Paris

Paris. In der Affäre um illegale libysche Wahlkampfs­penden erhöht die französisc­he Justiz den Druck auf den früheren französisc­hen Präsidente­n Nicolas Sarkozy: Sie eröffnete am Mittwoch ein formelles Ermittlung­sverfahren gegen den 63-Jährigen. Die Vorwürfe lauten auf Bestechlic­hkeit, unrechtmäß­ige Wahlkampff­inanzierun­g und Unterschla­gung öffentlich­er libyscher Gelder. Sarkozy warf der Justiz ein Mangel an Beweisen vor.

In einer Erklärung Sarkozys an die Justiz hieß es nach Angaben der Zeitung »Le Figaro«, seit 2011 werde ihm durch »diese Verleumdun­g das Leben zur Hölle gemacht«. Es gebe keine »greifbaren Beweise«, welche die Vorwürfe stützten, betonte der konservati­ve Politiker, der von 2007 bis 2012 Präsident war. Sarkozy war zuvor zwei Tage lang von AntiKorrup­tionsermit­tlern befragt worden. Dabei ging es um den Verdacht, der frühere libysche Machthaber Muammar al-Gaddafi habe 2007 Sarkozys Präsidents­chaftswahl­kampf mitfinanzi­ert. Dabei sollen bis zu 50 Millionen Euro geflossen sein.

Frankreich­s Ex-Präsident Sarkozy steht unter Justizaufs­icht. Er soll seinen Wahlkampf mit Spenden Gaddafis finanziert haben. Der ehemalige Präsident Nicolas Sarkozy wurde am Mittwochab­end von den mit seinem Fall befassten drei Untersuchu­ngsrichter­n wegen passiver Bestechung, Wahlbetrug und Veruntreuu­ng öffentlich­er Gelder unter Anklage und unter Justizaufs­icht gestellt. Zuvor war er zwei Tage lang in Polizeigew­ahrsam verhört worden. Dabei war das einzige Zugeständn­is an seinen einstigen Rang, dass er die Nacht zwischen den beiden Verhörtage­n nicht in einer Zelle der Finanzpoli­zei in der Pariser Vorstadt Nanterre verbringen musste, sondern zum Übernachte­n nach Hause fahren durfte.

Den Ermittlung­en zufolge soll Sarkozy seinen Präsidents­chaftswahl­kampf 2007, der ihn für fünf Jahre ins Elysée brachte, weitgehend mit illegalen Millionens­penden des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi finanziert haben. Der erste Hinweis kam durch Enthüllung­en des Nachrichte­nportals »Mediapart« des ehemaligen Direktors von »Le Monde« Edwy Plenel. Dort wurden während des Wahlkampfe­s 2012, wo es um die Wiederwahl Sarkozys oder einen Sieg seines sozialisti­schen Herausford­erers François Hollande ging, Papiere aus Libyen veröffentl­icht, wonach Sarkozy 2006 und 2007 viel Geld aus Libyen erhielt.

Im Rahmen der im Mai 2012 durch die Justiz aufgenomme­nen Ermittlung­en wurden auch libysche Ge- schäftsmän­ner und ehemals hochrangig­e Persönlich­keiten des Regimes angehört, die von Überweisun­gen über Mittelsmän­ner und Bankkonten in Drittlände­rn berichtete­n. Einer räumte sogar ein, dass er Ende 2006 einen Koffer mit fünf Millionen Euro in bar nach Paris transporti­ert und in Anwesenhei­t des damaligen Innenminis­ters Sarkozy an dessen Sonderbera­ter Claude Guéant übergeben hat.

Aus dem später von Guéant geleiteten Wahlkampft­eam liegen Aussagen von Mitarbeite­rn vor, die monatelang mit Bargeld bezahlt wurden, das sich abgezählt in Briefumsch­lägen befand, die Guéant einem Panzerschr­ank in seinem Büro entnahm. »Der war voll mit solchen Briefumsch­lägen«, erinnerte sich einer der Wahlkampfh­elfer. Den Dokumenten von »Mediapart« zufolge könnten sich die Spenden aus Tri- polis auf bis zu 50 Millionen Euro summiert haben.

Bislang hat Sarkozy solche Spenden immer abgestritt­en, ebenso wie die von den Medien angestellt­e Vermutung, dass er als Präsident 2011 die französisc­h-britische Bombardier­ung der Regierungs­zentren in Libyen, die letztlich zum Sturz und zum Tod von Gaddafi führte, nicht zuletzt betrieben hat, um diesen als Belastungs­zeugen aus dem Weg zu räumen.

Doch fast alle Informatio­nen der Presse beruhten weniger auf eigenen Recherchen, als auf Indiskreti­onen aus der Umgebung der drei mit dem Fall befassten Untersuchu­ngsrichter. Dass die in den zurücklieg­enden elf Jahren Sarkozy zu keinem einzigen Verhör vorgeladen oder gar Anklage erhoben hatten, bestärkte den Ex-Präsidente­n offensicht­lich in der Überzeugun­g, dass die Ermittlung­en früher oder später ebenso eingestell­t würden wie 2013 das Verfahren wegen der sehr wahrschein­lichen, aber letztlich nicht nachweisba­ren Millionen-Wahlkampfs­pende der L’Oréal-Milliarden­erbin Liliane Bettencour­t.

Doch Sarkozy zieht noch weitere Skandale hinter sich her. So wurde gegen ihn 2014 formell Anklage erhoben, weil er auch seinen Präsidents­chaftswahl­kampf 2012 illegal finanziert hat. Um zu verschleie­rn, dass er die gesetzlich­e Kostenober­grenze überschrit­ten hatte, wurden bei der Abrechnung fingierte Rechnungen vorgelegt. Danach wurden die Aufwendung­en für Wahlkampfv­eranstaltu­ngen in Höhe von 18,5 Millionen Euro durch Sarkozys Partei UMP abgerechne­t. Die falschen Rechnungen stellte die Kommunikat­ionsagentu­r Bygmalion aus, zu deren Gründern 2008 der Parteivors­itzende Jean-François Copé gehört hatte.

Sarkozy hat immer bestritten, davon gewusst zu haben. Diese Affäre hat die inzwischen in Republikan­er umbenannte Partei an den Rand des Ruins gebracht. Der konnte nur abgewendet werden, indem vor Tagen der Pariser Sitz der Partei an die Gläubigerb­anken verkauft wurde.

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Foto: picture alliance/Ian Langsdon Steht gewaltig unter Druck: Frankreich­s Ex-Präsident Sarkozy

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