Liberale Kehrtwende?
Die Slowakei im farbrevolutionären Modus
Der Mord an dem Journalisten Ján Kuciak hat zum Rücktritt Robert Ficos geführt. Dieser hatte jahrelang einen konsequent links-sozialdemokratischen Kurs in Wirtschaftsund Sozialfragen verfolgt. Robert Fico war in den slowakischen Medien, die großteils ausländische Eigner haben, noch nie beliebt. Vom ersten Tag seines Amtsantritts im Juni 2006 an standen sie ihm feindselig gegenüber. Seine politische Biographie mit ihren kommunistischen Wurzeln hätte man ihm noch verziehen, immerhin trug die KP-Nachfolgepartei der Demokratischen Linken zwischen 1998 und 2002 sogar Regierungsverantwortung. Aber anders als seine früheren Genossen weigerte sich Fico, die Slowakei zu einem liberalen Experimentierfeld zu machen. 1999 gründete er die Linksabspaltung Smer (Richtung) und sieben Jahre später gewann er mit einem explizit anti-liberalen Programm die Parlamentswahlen.
Von der Abschaffung der Flat Tax über die Rücknahme von Privatisierungen und dem Kampf gegen die private Säule der Pensionsvorsorge bis zur Unterstützung des Arbeiterstreiks bei Volkswagen-Bratislava im Juni 2017 hielt er konsequent an einem links-sozialdemokratischen Kurs in Wirtschafts- und Sozialfragen fest, soweit ihm dies im Rahmen der Europäischen Union und in Zusammenarbeit mit seinen wechselnden Koalitionspartnern möglich war. Dies sind die Gründe, warum Fico sowohl zu Hause wie im westlichen Ausland eine schlechte Presse hat. Daran hat sich auch nichts geändert, als er im Oktober 2011 mit klugem Schachzug den sogenannten Euro-Rettungsfonds rettete, den die kurzfristig regierenden zwielichtigen italienischen Geschäftemachern und Regierungsstellen gab. Zumindest eine Sekretärin soll – in zeitlicher Abfolge – für beide gearbeitet haben. Die geballte Medienmacht konstruierte daraus in Windeseile ein angeblich unumstößliches Dreieck: Mafia-Fico-Journalistenmord. Dem slowakischen Boulevard folgten deutsche Qualitätsblätter, und auch im »neuen deutschland« klärte Martin Leidenfrost in einem Kommentar die LeserInnen darüber auf, dass er nach zwölf Jahren seine Wohnung im slowakischen Grenzort verlassen habe, weil er nicht wollte, dass »seine Tochter in einem Unrechtsstaat aufwächst«. Ein ungeheu-