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Aus einer Saison wurden inzwischen 41 Jahre

Wilbert Olinde war einer der ersten afro-amerikanis­chen Profis der Basketball-Bundesliga – heute berät er in Hamburg Eltern junger Fußballer

- Von Volker Stahl, Hamburg

1977 kam der Basketball­er Wilbert Olinde aus den USA in die Bundesrepu­blik, 1980 wurde er mit dem SSC Göttingen deutscher Meister. Heute arbeitet Olinde in Hamburg als Experte für mentales Training.

Stunden vergehen wie Minuten, wenn man mit Wilbert Olinde plaudert. Am Ende des Treffens im Winterhude­r »Café Charade« signiert der 62-Jährige die lesenswert­e Biografie, die der Amerikanis­tik-Professor Christoph Ribbat über ihn geschriebe­n hat mit den Worten: »Unsere kurze Begegnung im wunderschö­nen Stadtteil Winterhude bleibt unvergesse­n – viel gelacht, interessan­ter Austausch und viel positive Energie.«

Positive Energie ist ein gutes Stichwort, dazu reichlich Empathie – Wilbert Olinde ist ein Menschenfä­nger. Aber nicht einer, der verführt, sondern der inspiriert. Vielen hat der Fachmann für mentales Training schon zu einem besseren Leben ver- holfen – so wie der Dokumentar­filmerin Mirjam, die zu Beginn ihrer Karriere von einer Fernsehred­akteurin gemobbt wurde und in eine tiefe Lebenskris­e fiel. Olinde lernte die Filmemache­rin auf einer Party kennen und steckte ihr einen Zettel, auf dem nur ein Wort stand: »Ho‘ oponopono«. Es steht für ein traditione­lles spirituell­es Verfahren der Hawaiianer. Schließlic­h coachte Olinde die Verzweifel­te, machte eine Klopfthera­pie mit ihr – und es funktionie­rte! Negative Blockade gelöst, die Frau fand wieder in die Spur. Heute ist sie eine erfolgreic­he Regisseuri­n.

Seine Ziele mit Ehrgeiz zu erreichen, hat Wilbert Olinde beim Sport gelernt – an der University of Los Angeles, California. Von dort heuerte der talentiert­e College-Basketball­er im Schlepptau seines Trainers, eines jungen Literaturw­issenschaf­tlers und ebenfalls US-Bürger, 1977 beim SSC Göttingen an. Olinde gehörte zu den ersten afro-amerikanis­chen Profis in der Basketball-Bundesliga. Eigentlich wollte er nur eine Saison bleiben. Doch wie das Leben so spielt: Olinde studierte an der Uni Betriebswi­rtschaft, verliebte sich in eine deutsche Tischtenni­sspielerin, gründete eine Familie und wurde 1985 eingebür- gert. Doch in Göttingen war er für viele ein Exot, der gegen Ressentime­nts ankämpfen musste. »Du bist dümmer wie ich«, blubberte ihn ein Rassist an. Der Akademiker mit zwei Studien- abschlüsse­n konterte: »Aber ich kann wenigstens Deutsch!«

Nach der sensatione­llen Meistersch­aft 1980 mit dem SCC-Team war er plötzlich ein gefragter Mann. 1985 lud ihn das Bundeskanz­leramt zum Kinderfest ein. Dort traf er Helmut Kohl. Der hatte den Wunsch, dass Olinde einen »Dunk« in den Korb stopft, den Basketball also von oben hinein bringt. »Kohl sah glücklich aus«, erinnert sich der Basketball­er

Später arbeitete Olinde in Hamburg für eine internatio­nal agierende Bank, heute berät er als Inhaber von »Black Pearl Inspiratio­n« Führungskr­äfte – und beim Hamburger Fußballver­band Eltern mit zwölf- bis vierzehnjä­hrigen Kindern, die Leistungss­port betreiben.

Basketball hat Olinde zuletzt 2012 gespielt, die Knie schmerzen. Heute sei er eher »Randsporta­thlet«, sagt er. Und er betreibt Yoga. Doch einer seiner beiden Söhne aus zweiter Ehe ist seine Fußstapfen getreten: Der 1988 in Hamburg geborene Louis ist Basketball-Profi.

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Foto: Volker Stahl Bringt Menschen wieder in die Spur: Wilbert Olinde

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