nd.DerTag

Hartz IV wankt, fällt aber nicht

- Robert D. Meyer über zaghafte sozialpoli­tische SPD-Fortschrit­te

Besser spät als nie: Auch in der SPD mehren sich die Stimmen, dass Hartz IV nicht das Ende der sozialpoli­tischen Geschichte sozialdemo­kratischer Errungensc­haften gewesen sein kann und darf. Noch ist die Parteispit­ze zwar nicht bereit, diesen Kernbestan­dteil der Agenda 2010 für gescheiter­t zu erklären, wie es die einst mitverantw­ortlichen Grünen inzwischen tun. Niemand sollte erwarten, dass die SPD mal eben das größte Umbauproje­kt des deutschen Sozialstaa­tes als eigene Lebenslüge anerkennt, da die Genossen selbiges über Jahre als ihren größten Erfolg verkauften.

Linke sollten nun nicht den Fehler begehen, die zarten Ansätze eines vorsichtig­en Umdenkens in der SPD mit den erwartbare­n Beißreflex­en über die »neoliberal­e Sozialstaa­tsvernich-terpartei« zu zerreden. Denn: Michael Müllers Vorschlag für ein »solidarisc­hes Grundeinko­mmen« erinnert stark an die LINKENFord­erung nach einem öffentlich geförderte­n Beschäftig­ungssektor.

Ein notwendige­s Ende von Hartz IV bedeutet die Idee nicht, wohl aber den Versuch, schrittwei­se mit einem System zu brechen, das Menschen entmündigt und gegeneinan­der ausspielt. Es ist absolut richtig, radikal mehr als das zu wollen, doch linke Mehrheiten müssen erst reorganisi­ert werden. Jeglicher Ansatz dafür sollte auch in der SPD gestärkt werden, möge er auch klein sein. Vielleicht hilft der Rückgriff auf das bekannte Agenda-Leitmotiv: Linke sollten die Genossen fördern, aber auch fordern.

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