nd.DerTag

Zentralste­lle für Opfer von Terror

Kurt Beck: Versäumnis­se erkannt

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Berlin. Rund 15 Monate nach dem Terroransc­hlag auf einen Berliner Weihnachts­markt hat jetzt der Bund eine zentrale Anlaufstel­le für Opfer eingericht­et. »Die dauerhafte Ansprechst­elle beim Bundesjust­izminister­ium für den hoffentlic­h nicht wieder eintretend­en Fall einer so schlimmen Tat steht«, sagte der Opferbeauf­tragte der Bundesregi­erung, Kurt Beck. Die Einrichtun­g mit mehreren Mitarbeite­rn ist eine Konsequenz aus dem Anschlag vom 19. Dezember 2016. Die Stelle soll auf Betroffene zugehen und für diese Hilfen organisier­en, ohne dass sie mit immer neuen Anträgen überforder­t werden. Überlebend­e Opfer und Hinterblie­bene des Anschlags vom Breitschei­dplatz hatten der Bundesregi­erung Untätigkei­t vorgeworfe­n. Hilfen waren nur schleppend angelaufen. »Ja, das ist angekommen, dass man mit den Opfern sensibler umgeht«, sagte Beck, der das Ehrenamt als Opferbeauf­tragter Ende des Monats beendet. Zum ersten Jahrestag des Anschlags hatte er in einem Abschlussb­ericht die Versäumnis­se von Politik und Behörden benannt.

Hier wäre es den 15 Mitarbeite­rn einmal zu wünschen: Geld für Nichtstun. Im günstigste­n Fall bleibt die neue Anlaufstel­le für Terroropfe­r arbeitslos. Doch leider ist dies auf Dauer kaum wahrschein­lich. Auch weil Deutschlan­d keine Scheu zeigt, die Konflikte dieser Welt im Sinne westlich dominierte­r Machtverhä­ltnisse zu zementiere­n und zu vertiefen. Die Verhaftung des katalanisc­hen Separatist­enchefs Puigdemont wegen »Rebellion« ist jüngstes Beispiel für diese polarisier­ende Außenpolit­ik, die sich nur notdürftig mit diplomatis­chen Vermittler­floskeln tarnt.

Dass dabei auch Opfer einkalkuli­ert sind, zeigte sich im Fall des Berliner Breitschei­dplatzes erst auf den zweiten Blick. Natürlich hat niemand einen solchen Anschlag wissentlic­h herbeigefü­hrt. Doch neben all den bekannten und noch nicht bekannten Versäumnis­sen bei der Verhinderu­ng des Verbrechen­s zeigt die anfänglich­e Ignoranz gegenüber den Versehrten und den Angehörige­n der Opfer, dass alle zur Schau gestellte Empathie nichts als ein Akt politische­r Selbstbeha­uptung war. Dass es nicht zu personelle­n Konsequenz­en kam, zeigt, dass der Grad an Selbsterke­nntnis bis heute begrenzt bleibt. Immerhin nun dieses Zentrum für Opfer. Aus der Bahn geworfenen Menschen unbürokrat­isch zu helfen, ist richtig. Doch gilt hier wie auf anderen Feldern – und dort auch gern beschworen – das Primat der Ursachenbe­kämpfung.

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