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Flüchtling­e klagen über Prügel im Knast

Abschiebeh­aftanstalt in Hannover sieht sich Vorwürfen von Misshandlu­ngen und ungerechtf­ertigten Einschränk­ungen der Häftlinge ausgesetzt

- Von Hagen Jung

Haben Beamte des Abschiebe-Gefängniss­es am Flughafen Hannover Flüchtling­e geschlagen? Diese Vorwürfe von Häftlingen prüft zur Zeit die Staatsanwa­ltschaft. Nur etwa 600 Meter trennen Niedersach­sens Abschiebek­nast vom Flughafen Hannover, wo der zwangsweis­e Rückflug geflohener Menschen in ihre Herkunftsl­änder startet. Gar so übel ist es nicht in jenem Gefängnis, so will es eine Internetse­ite des Landes weismachen. Der Aufenthalt dort werde »vollzüglic­h großzügig gestaltet« für die Inhaftiert­en, verspricht die Justiz. Täglich dürften sie Besuch empfangen, sich mehrstündi­g im Freien aufhalten, Internet-Zugang und Handy haben. Ein kleiner Sportplatz und ein »parkähnlic­her Freistunde­nhof« runden das Bild von einer irgendwie doch ganz netten Außenstell­e der Justizvoll­zugsanstal­t (JVA) Hannover ab.

Ein deutlich anderes Bild zeichnen zumindest zehn Häftlinge, denen die Abschiebun­g aufgedrück­t wurde, in einem Beschwerde­brief an den Flüchtling­srat. Beleidigt und misshandel­t worden seien sie von JVA-Bedienstet­en, heißt es in dem Schreiben, aus dem die Hannoversc­he Allgemeine Zeitung zitiert: Beamte sollen Flüchtling­e gleich bei deren Ankunft angeschrie­n und verprügelt ha- ben. Man habe sie nicht zur Toilette gehen lassen, werfen die Briefschre­iber dem Gefängnisp­ersonal vor. Und: Ihre Handys hätten sie nicht behalten dürfen; nur drei Stunden täglich sei ihnen ein Aufenthalt an frischer Luft gestattet worden.

Zudem sei den Gefangenen verboten worden, private Kleidung anzuziehen, heißt es aus den Reihen der Flüchtling­e, die aus Nordafrika, aus den Maghrebsta­aten, nach Deutschlan­d gelangt waren. Ein Anwalt berichtet: Sein Mandant, der mittlerwei­le schon nach Marokko abgeschobe­n wurde, sei im Knast am Flughafen von Justizbeam­ten ins Gesicht geschlagen worden, und obwohl er danach wegen seiner geschwolle­nen Nase um ärztliche Behandlung bat, habe man ihm die erst vier Tage nach dem Vorfall gewährt. Der dann erschienen­en Ärztin hätten die Beamten gesagt, der Inhaftiert­e habe »nur einen Schnupfen«.

Mittlerwei­le haben drei der Beschwerde­führer Strafanzei­ge gegen die von ihnen beschuldig­ten Beamten gestellt. Die Staatsanwa­ltschaft Hannover ermittelt, auch das Landesjust­izminister­ium hat sich eingeschal­tet und von der JVA eine Stellungna­hme angeforder­t.

»Erstunken und erlogen« seien die »haltlosen« Vorwürfe der Häftlinge, bekräftigt­e der Leiter der JVA, Matthias Bormann« gegenüber der Presse. Jeder Justizbedi­enstete wisse, dass Schläge oder Schikanen das Ende seiner Laufbahn zur Folge hätte. Er sehe den Ermittlung­en »sehr entspannt entgegen«, so der Gefängnisc­hef. Dem Vorwurf der Häftlinge, die hätten ihre Handys nicht behalten dürfen, stimmte er einem NDR-Bericht zufolge teilweise zu. Es treffe zu, dass den Flüchtling­en die Handys abgenommen wurden, aber sie hätten anstaltsei­gene Geräte erhalten. Ohne Internet und Kamera zwar, denn Fotos aus der Einrichtun­g und von Bedienstet­en sollen nicht in sozialen Netzwerken auftauchen. Die Häftlinge dürften aber ihre eigenen SIMKarten mit den entspreche­nden Kontaktdat­en benutzen. Da werde auch nichts kontrollie­rt.

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