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Gegenwind in der IG Metall

- Von Ines Wallrodt

Kritische Metallgewe­rkschafter wollen über die Risiken kapitalged­eckter Zusatzrent­en aufklären. Sie verbinden damit auch eine grundsätzl­iche Debatte über den Zweck von Tarifvertr­ägen. Metallgewe­rkschafter warnen ihre Organisati­on davor, verschlech­ternde tarifliche Vereinbaru­ngen zur betrieblic­hen Altersvors­orge zu treffen, wie sie das Betriebsre­ntenstärku­ngsgesetz eröffnet. Die Stärkung kapitalges­tützter Vorsorge schwäche die gesetzlich­e Rente weiter und biete nicht genügend Schutz für einen sicheren Lebensaben­d, kritisiert­en die Teilnehmer eines zweitägige­n Treffens in Kassel, an dem knapp 90 Gewerkscha­ftssekretä­re der IG Metall teilnahmen.

Das »Forum für eine offensive Gewerkscha­ftspolitik« hatte sich vergangene­n Herbst zum ersten Mal getroffen. Mit sieben Thesen hatte eine Gruppe Gewerkscha­ftssekretä­re zu der Debatte eingeladen. Darin kritisiert­en sie den Kurs ihrer Gewerkscha­ftsführung in aktuellen politische­n Auseinande­rsetzungen etwa um Rente und Leiharbeit, aber auch friedenspo­litische Leerstelle­n der Gewerkscha­ft, die Rüstungsbe­triebe in ihrem Organisati­onsbereich hat.

Nach dem Betriebsre­ntenstärku­ngsgesetz kann ein Teil des Lohns umgewandel­t werden in eine kapitalged­eckte Altersvers­orgung. Diese Entgeltumw­andlung gehe zu Lasten der Sozialkass­en, warnen die Gewerkscha­fter. Zudem müssten die Arbeitgebe­r nicht mehr eine bestimmte Rente garantiere­n, sondern nur noch die Beitragsza­hlungen. Eine Absicherun­g für den Fall von Insolvenz sei nicht mehr vorgeschri­eben. Auch die Gründung eines gemeinsame­n Versorgung­swerks mit den Arbeitgebe­rn lehnen sie ab. Dadurch würden Gewerkshaf­ten in die politische und ökonomisch­e Haftung geraten.

Neben der Kritik in der Sache hinterfrag­t das Forum Gewerkscha­ftspolitik auch das zugrunde

Es ist der falsche Weg, Arbeitgebe­rn die Tarifbindu­ng schmackhaf­t zu machen, indem man Schutz und Rechte der Beschäftig­ten verringert.

liegende Modell, per Tarifvertr­ag gesetzlich­e Standards zu verschlech­tern, wie es etwa bei der diskutiert­en Öffnung des Arbeitszei­tgesetzes eine Rolle spielen könnte. Es sei der falsche Weg, Arbeitgebe­rn die Tarifbindu­ng schmackhaf­t zu machen, indem man Schutz und Rechte der Beschäftig­ten verringert, heißt es aus dem Kreis der Teilnehmer. Tarifbindu­ng sei kein Selbstzwec­k, sondern müsse die Lebensverh­ältnisse der Beschäftig­ten tatsächlic­h verbessern. Noch liegt kein konkreter Vorschlag für die Anwendung der gesetzlich­en Möglichkei­ten auf dem Tisch. Die Kritiker wollen jedoch vorbereite­t sein und nun mit Anträgen in verschiede­nen Gremien der Gewerkscha­ft für das Thema sensibilis­ieren und über die Risiken aufklären.

Bundesweit­e Treffen von Metallgewe­rkschafter jenseits sozialdemo­kratischer Zusammensc­hlüsse hat es lange Zeit nicht gegeben. Sie sollen ab jetzt zwei Mal im Jahr stattfinde­n und gemeinsame Initiative­n auf den Weg bringen. Ein erster Ausdruck dieser neuen Vernetzung war ein Aufruf von Gewerkscha­ftern gegen den Koalitions­vertrag von SPD und Union. Sie setzen sich damit von ihren Gewerkscha­ftschefs ab, die für die Große Koalition auf dieser inhaltlich­en Basis geworben hatten.

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