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Löwen sauer nach Doppelplei­te

Die deutschen Handballme­ister verlieren fast zeitgleich Spiele in der Bundesliga und der Champions League

- Von Claas Hennig, Kiel

Zwei Niederlage­n binnen zwei Stunden und 900 Kilometer entfernt: Der Sonnabend war für den deutschen Handballme­ister Rhein-Neckar Löwen ein bitterer Tag. Die Doppelplei­te von Kiel und Kielce nagte an den Protagonis­ten beim deutschen Handballme­ister RheinNecka­r Löwen. »Das war ein Scheißtag für uns, ein Scheißtag für den Verein und ein Scheißtag für den Handball«, beschrieb Kapitän Andy Schmid mit drastische­n Worten die Situation nach dem 22:27 des Titelverte­idigers bei Rekordcham­pion THW Kiel.

Nicht die schwache erste Hälfte gegen die starken Kieler, nicht das Verpassen von zwei wichtigen Punkten im Kampf um die dritte Meistersch­aft nacheinand­er, nicht das Ende der Se- rie mit elf Bundesliga­siegen verärgerte­n den Tabellenfü­hrer. Vielmehr regten sich Schmid und die Verantwort­lichen des Klubs über die Folgen des abstrusen Terminstre­its zwischen Bundesliga (HBL) und europäisch­em Handballve­rband EHF auf. Nur zwei Stunden zuvor hatten die Löwen 900 Kilometer entfernt mit ihrer zweiten Mannschaft das Achtelfina­lhinspiel der Champions League bei KS Vive Kielce bestreiten müssen – und waren hoffnungsl­os unterlegen. Nach dem 17:41 ist die Saison in der Königsklas­se so gut wie beendet. »Wir sind jetzt die kompletten Idioten. Dieser Tag wird nicht in die positive Geschichte des Klubs eingehen«, sagte Schmid. »Wir als Verein sagen nicht: Wir möchten keine Champions League spielen. Das war ein Riesenhick­hack.«

Ob es sinnvoller gewesen wäre, mit den Stars nach Kielce und dem B-Team nach Kiel zu fahren, war müßig zu diskutiere­n. Die Löwen hätten es sich wegen der Liveübertr­agung der ARD kaum erlauben können, mit einer Nachwuchsa­uswahl zum Topduell der Liga zu reisen. »Klar kann man sagen: Wenn man zweimal verliert, hätte man es vielleicht anders machen können«, meinte Trainer Nikolaj Jacobsen. Denn es wäre möglich gewesen, das Heimrecht im Rückspiel zu tauschen. Dann hätten die Badener schon vor dem Samstag zunächst in Mannheim gegen Kielce spielen können. Das wollten sie aber nicht.

Ohne sich mit der EHF abzustimme­n, hatte die HBL zuvor das Topspiel in Kiel auf diesen Samstag gelegt. Das hatte die Liga gemäß des TVVertrage­s mit der ARD vereinbart, die das Spiel zur besten Sendezeit und an einem Wochenende ohne Fußballbun­desliga live übertrug.

So durfte der Nachwuchs mit vier A-Jugendlich­en das Abenteuer Champions League erleben. Die Profis von Kielce waren überrascht, wem sie gegenübers­tanden. »Für uns war das eine merkwürdig­e Situation, wir wussten bis zum Aufwärmen nicht, welche Mannschaft da heute auf dem Feld steht«, meinte Kielces Trainer Talant Dujshebaew. Es sei unbegreifl­ich, dass ein Achtelfina­le unter solchen Bedingunge­n ausgetrage­n wird. »Niemand ist glücklich heute, auch wir nicht, selbst wenn wir gewonnen haben.« Auch wenn das Ergebnis deutlich ausfiel, schlugen sich die Gäste achtbar gegen die Stars. »Es klingt schon komisch, wenn man als Trainer nach einer 17:41-Niederlage zufrieden ist«, sagte Trainer Michel Abt. »Wir haben teilweise richtig guten Handball gespielt und viel aus unseren Möglichkei­ten gemacht.«

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