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Am Ende einer langen Zustellung

Facebook hilft Neuseeländ­ern beim Auffinden von Adressaten

- Von Barbara Barkhausen, Sydney

Normalerwe­ise werden Briefe und Pakete, die nicht ordentlich adressiert sind, an den Absender zurückgesc­hickt. Doch das Päckchen, das im Servicezen­trum im Dorf Cust 40 Autominute­n entfernt von Christchur­ch auf der Südinsel Neuseeland­s landete, erregte die Aufmerksam­keit der Managerin. Nicht zuletzt wegen der lustigen Adressbesc­hreibung. »Ich konnte sehen, dass es von einem älteren Menschen geschriebe­n worden war und dachte mir, ich werde es einfach für ein paar Tage behalten, bevor ich es zurückschi­cke und schauen, ob ich herausfind­en kann, wem es gehört, sagte Tammie McGrath. Sie managt das Servicezen­trum für den Ort mit 450 Einwohnern. McGrath stellte ein Foto des Päckchens auf Facebook: »Kennt ihr eine Kay und einen Philip in Cust? Bitte lasst es uns wissen, damit wir dieses Paket an seinen rechtmäßig­en Besitzer zustellen können.« Der Post war ein voller Erfolg: Er wurde 2400 Mal geteilt und erhielt viele positive und hilfreiche Kommentare.

Schon wenige Stunden, nachdem McGrath das Foto gepostet hatte, kam ein Mann ins Geschäft und sagte, er glaube, der Besitzer zu sein. »Er gab mir seine Kontaktdet­ails und sagte, er heiße Philip, und obwohl er nicht gegenüber einer Kneipe wohne, wohne er an einer Straße, die nicht weit entfernt von einer sei«, sagte sie. Er sei nicht auf Facebook, aber Leute, die er kenne, hätten die Nachricht gesehen.

Dass das Paket trotz der wenig genauen Adresse zugestellt werden konnte, ist sicher nicht nur Facebook zu verdanken. Von den knapp 4,7 Millionen Menschen in Neuseeland leben nur etwas über eine Million auf der Südinsel. An abgelegene­n Orten wie den Marlboroug­h Sounds gibt es Häuser, die nicht mal eine eigene Adresse haben und deren Bewohner sich beim Ausfüllen digitaler Formulare im Internet schwertun. Bei diesen engen Beziehunge­n wundert es nicht, dass Medien und Internetnu­tzer schnell herausfand­en, wer Absender des witzigen Pakets war. Es handelte sich – wie Tammie McGrath vermutet hatte – um eine ältere, fast blinde Dame, die mehrmals mit ihrer Schwiegert­ochter zum Abendessen bei Kay und Philip eingeladen gewesen war. Das Paket enthielt wohl Dankesgesc­henke wie ein selbstgenä­htes Geschirrtu­ch und eine Schürze.

In zahlreiche­n Kommentare­n zum Post berichtete­n auch andere über ihre Erfolgsges­chichten, darunter eine Internetnu­tzerin aus Balclutha an der Ostküste der Südinsel. Melanie Dalton schrieb, sie hätte vor Jahren einen Brief bekommen: »An das alte Haus mit dem schönen Garten... gegenüber von der Straße mit der großen, weißen Ziege mit nur einem Horn.«

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