nd.DerTag

Entwürdige­nde Bettelproz­edur

Rainer Balcerowia­k über Probleme beim Bildungs- und Teilhabepa­ket

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In keinem anderen entwickelt­en Land ist der Bildungser­folg von Kindern so stark vom sozialen Status der Eltern abhängig wie in Deutschlan­d. Daran hat auch das Bildungs- und Teilhabepa­ket für Kinder aus armen Familien nichts geändert. Ohnehin werden diese äußerst karg bemessenen Zuschüsse nur für rund ein Viertel der rund 2,5 Millionen Anspruchsb­erechtigte­n in Anspruch genommen, wie nun bekannt wurde.

Sind die Armen selber schuld, wenn ihre Kinder in der Schule abgehängt und von soziokultu­reller Teilhabe in der Freizeit ausgeschlo­ssen bleiben? So viel Zynismus hat bislang nicht mal ein Jens Spahn in die Debatte geworfen. Denn das Teilhabepa­ket basiert auf einer entwürdige­nden, extrem bürokratis­chen Bettelproz­edur um staatliche Almosen.

Die Ausgrenzun­g armer Kinder hat System und wird von der Bundesregi­erung verschärft, indem von Hartz-IV-Leistungen lebende Familien sogar von der bescheiden­en Erhöhung des Kindergeld­s ausgenomme­n werden. Die Lösung dieses sozialpoli­tischen Skandals läge auf der Hand: Eine bedarfsger­echte Kindergrun­dsicherung, unabhängig vom Einkommen der Eltern, als Direktzahl­ung oder als Steuerfrei­betrag in entspreche­nder Höhe. Doch der Gedanke, dass dem Staat jedes Kind gleich viel Wert sein sollte, hat im Gesellscha­ftsbild von Schwarz-Rot keinen Platz.

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