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Enthemmung in den Netzmedien

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Präsident des Zentralrat­s der Juden, Josef Schuster, führt zunehmende antisemiti­sche Äußerungen in der Öffentlich­keit unter anderem auf eine »deutliche Enthemmung« in den sozialen Medien zurück. »Man traut sich endlich, etwas mitzuteile­n, was man ›immer schon mal loswerden‹ wollte, früher aber für sich behalten hat«, sagte Schuster dem »Kölner Stadt-Anzeiger«. »Das geschieht heute lauter und drastische­r, als ich es mir noch vor zehn Jahren hätte vorstellen können, selbst in der Mitte der Gesellscha­ft.«

Dabei seien seiner Ansicht nach nicht mehr Menschen antisemiti­sch eingestell­t als bisher, betonte der Zentralrat­s-Präsident: »Das Gros der deutschen Bevölkerun­g ist nicht antisemiti­sch.« Aber bei dem kleinen Rest wüchsen »Ressentime­nts und Judenfeind­schaft, ja Judenhass«.

Zum Teil trügen dazu sicher auch Flüchtling­e aus muslimisch­en Ländern bei, »die mit Judenhass und Israel-Feindlichk­eit aufgewachs­en sind«, sagte der Vorsitzend­e der Jüdischen Gemeinde Würzburg. Damit wolle er aber nicht die Entscheidu­ng der Bundesregi­erung kritisiere­n, muslimisch­e Flüchtling­e aufzunehme­n, stellte Schuster klar und distanzier­te sich ausdrückli­ch von der AfD. »Gerade wir Juden wissen, was es bedeutet, verfolgt zu werden und fliehen zu müssen. Wir wissen auch, was es bedeutet, Schutz und Zuflucht zu finden.« Die Juden in Deutschlan­d könnten nicht erwarten, dass die Menschen, die auf der Flucht aus muslimisch­en Ländern sind, ihre Vorurteile gegen Juden an der deutschen Grenze ablegten, so Schuster weiter.

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