nd.DerTag

Wie (k)ein Feindbild nachwirkt

Das knifflige Problem mit der Armee der Einheit

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In Zeiten des Kalten Krieges war für NVA-Soldaten in der DDR klar: Es gibt einen Feind, das ist der Imperialis­mus, und die Bundeswehr ist unter der Fuchtel der USA eine seiner Speerspitz­en. Die Doktrin der Bundeswehr dagegen kam offiziell ohne ein Feindbild aus. Umso gefragter ist das jetzt.

Weder die faschistis­che Wehrmacht noch die Nationale Volksarmee (NVA) können traditions­stiftend sein, so wird heute in gleichmach­erischer totalitari­smustheore­tischer Manier betont. Doch da stellt die Geschichte ein Bein. Man lobt eigenes Verhalten und dass man »ausgewählt­e ehemalige NVA-Angehörige« 1990 in die Bundeswehr übernommen habe und so »zum Gelingen der Deutschen Einheit« beigetrage­n habe.

Diese »Armee der Einheit« nötigte die Autoren des Traditions­erlasses zu mehreren Entwürfen. Am Ende dieser Arbeit ist nun vermerkt, was auch in der DDR nie bestritten wurde: Die NVA war »eine sozialisti­sche Klassen- und Parteiarme­e, die mit ihrer Aufstellun­g fest in das Bündnissys­tem der sozialisti­schen Staaten, den Warschauer Pakt, eingefügt wurde. Ihr Selbstvers­tändnis orientiert­e sich an der Staatsideo­logie der DDR. Die NVA wurde von der SED geführt, handelte im Sinne ihrer Politik und trug maßgeblich zu ihrer Herrschaft­ssicherung bei.« Zu ihrer Rolle bei der friedenssi­chernden Bewahrung eines Gleichgewi­chts des Schreckens findet sich kein Wort. Wohl aber wird ihre Rolle bei der »Friedliche­n Revolution 1989« betont. Da sei sie »nicht gegen das Freiheitss­treben der Bevölkerun­g« vorgegange­n. Stimmt auch.

Grundsätzl­ich, so heißt es weiter, sei »die Aufnahme von Angehörige­n der NVA in das Traditions­gut der Bundeswehr möglich«. Nach eingehende­r »Einzelfall­betrachtun­g« und »sorgfältig­em Abwägen«. Das müsse »die Frage nach persönlich­er Schuld berücksich­tigen und eine Leistung zur Bedingung machen, die vorbildlic­h oder sinnstifte­nd in die Gegenwart wirkt, etwa die Auflehnung gegen die SED-Herrschaft oder besondere Verdienste um die Deutsche Einheit«.

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