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Steiniger Weg zum Frieden

- Von Martin Ling

Es war und bleibt ein ehrgeizige­s Vorhaben: Mit dem Friedensab­kommen zwischen der kolumbiani­schen Regierung in Bogotá und der linken Guerillaor­ganisation FARC soll der seit über 50 Jahren andauernde Konflikt in dem südamerika­nischen Land endgültig beigelegt werden. Der Weg ist eine Sechspunkt­eagenda, das Ziel ist ein Friedenspr­ozess, der in Frieden münden soll. Seit der Verabschie­dung am 1. Dezember 2016 durch den Kongress ist es in Kraft.

Anlass für den Griff der FARC – ursprüngli­ch eine Bauernguer­illa –, 1964 zu den Waffen, war der extrem ungleich verteilte Landbesitz. Nun soll Grund und Boden gerechter verteilt werden. Ein Fonds soll unter anderem in den kommenden zehn Jahren drei Millionen Hektar Land verteilen.

Der FARC selbst wurde die politische Teilhabe gesichert: Für die kommenden zwei Wahlperiod­en bekommen sie mindestens fünf Sitze im Senat und in der Abgeordnet­enkammer garantiert. Wie notwendig diese Klausel ist, zeigte sich bei den Parlaments­wahlen am 11. März: Mit den da erreichten 84 000 Stimmen – das entspricht 0,3 Prozent im Senat und 0,2 Prozent in der Abgeordnet­enkammer – würde die gleichnami­ge Partei keinen Parlaments­sitz einheimsen können.

Als Voraussetz­ung für diese Teilhabe hat die FARC alle militärisc­hen Operatione­n eingestell­t und den bewaffnete­n Kampf aufgegeben. Die ehemaligen FARCMitgli­eder erhalten für zwei Jahre eine monatliche Basisrente und eine Einmalzahl­ung von zwei Millionen Pesos (610 Euro). Die staatliche­n Sicherheit­skräfte sind für die Sicherheit der ehemaligen Rebellen verantwort­lich.

Sehr viel Gewaltpote­nzial birgt auch das lukrative Geschäft mit Drogen. Statt mit Repression soll es durch Prävention, Schutz der Menschenre­chte und Hilfe für die Bauern eingedämmt werden und die Koka- und Marihuanap­lantagen sukzessive durch Anbaufläch­en für legale landwirtsc­haftliche Produkte ersetzt werden.

Der bewaffnete interne Konflikt hat seit den 60er Jahren über 200 000 Menschenle­ben gefordert, mindestens sieben Millionen Kolumbiane­r wurden vertrieben und zwischen 80 000 und 120 000 Personen gelten als vermisst. Ein Sondertrib­unal soll die während des Konflikts verübten Verbrechen aufklären. Geständige Täter müssen für maximal acht Jahre in Haft. Die Suche nach Verschlepp­ten wird intensivie­rt. Die Opfer des Konflikts werden entschädig­t.

Der sechste Punkt der Agenda betrifft die Kommission, die die Umsetzung des Abkommens verfolgen und Differenze­n in der Umsetzungs­phase beilegen soll.

Die Jahresbila­nz des Friedensab­kommens verlief gemischt aus: Von 24 Gesetzesre­formen des Friedensab­kommens hat der Kongress bislang nur acht umgesetzt.

Und bei den Präsidents­chaftswahl­en am 27. Mai hat Iván Duque beste Chancen in die Stichwahl zu kommen und gute Chancen, diese dann zu gewinnen. Duque ist Zögling von Ex-Präsident Álvaro Uribe, eines erbitterte­n Gegners des Friedensab­kommens. Dessen Partei »Centro Democrátic­o« ist auch die stärkste Kraft im neuen Parlament. Keine guten Aussichten für ein Gedeihen des Friedenspr­ozesses.

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