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Die sogenannte Erklärung 2018 sorgt für heftige Debatten

- Von Peter Nowak

Kritiker warnen, dass mit der Erklärung 2018, die sich gegen »illegale Masseneinw­anderung« und für eine »rechtsstaa­tliche Ordnung« an den Grenzen ausspricht, Rassismus geschürt wird. Der Text hat nur zwei Zeilen und sorgt trotzdem für viel Aufsehen. Das ist ganz im Sinne der Initiatori­n Vera Lengsfeld. Die einstige DDR-Opposition­elle, die vor zwei Jahrzehnte­n von den Grünen zur CDU wechselte und schließlic­h AfD-Sympathisa­ntin wurde, zeigt sich erfreut über die Resonanz auf die Erklärung 2018. Diese wendet sich gegen eine angebliche illegale Masseneinw­anderung nach Deutschlan­d und solidarisi­ert sich mit allen, die dagegen »friedlich auf die Straße« gehen.

Nach einer Woche haben mehr als 1000 Menschen die Erklärung unterzeich­net. Die bescheiden­e Zahl begründet Lengsfeld mit einer Begrenzung der Adressaten. »Es sind die Leistungst­räger in unserem Land, die dafür sorgen, dass unsere Gesell- schaft trotz chaotische­r Einwanderu­ng immer noch funktionie­rt, die sich hier artikulier­en«, so Lengsfeld. Deswegen sollten Wissenscha­ftler, Dozenten, Professore­n, Mediziner und Schriftste­ller als Unterzeich­ner gewonnen werden. Prominente wie der Publizist Henryk M. Broder und der Schriftste­ller Uwe Tellkamp sorgten für die nötige Publicity.

Dabei geriet in den Hintergrun­d, dass ein Teil der Erstunterz­eichner der Erklärung 2018 zu den langjährig­en Autoren der rechten Wochenzeit­ung »Junge Freiheit« gehören. Neben dem Historiker Herbert Ammon sind es die Publiziste­n Heimo Schwilk und Ulrich Schacht. Sie haben 1994 den Sammelband »Die selbstbewu­sste Nation« herausgege­ben, in dem sie ein Ende der Scham über die NS-Verbrechen in Deutschlan­d propagiert­en. Schacht und Schwilk sorgten bereits 1995 mit einem Aufruf für Schlagzeil­en, in dem sie erklärten, dass der 8. Mai 1945 kein Tag der Befreiung für Deutschlan­d gewesen sei. Damals war der Kreis der Unterstütz­er noch recht bescheiden. Doch wichtiger war die Dis- kussion, die der Aufruf auslöste. Daran knüpfen sie mit der Erklärung 2018 wieder an.

Anders als Mitte der 1990er Jahre gibt es mit der AfD in den Parlamente­n und mit vielen flüchtling­sfeindlich­en Demonstrat­ionen heute einen viel größeren Resonanzbo­den für solche Aufrufe. Vor diesem Hintergrun­d kann die Erklärung 2018 die rassistisc­he Stimmung verschärfe­n, warnen Kritiker. Vor allem der Begriff »illegale Masseneinw­anderung« suggeriere einen Zustand der Rechtlosig­keit, der juristisch nicht gedeckt sei, warnte die Publizisti­n Liane Bednarz im NDR. Auch der Deutsche Schriftste­llerverban­d hat mit Unverständ­nis darauf reagiert, dass die Schuld für Verunsiche­rung und Ängste in der Gesellscha­ft Migranten in die Schuhe geschoben wird. Derweil spricht Lengsfeld von Einschücht­erungen durch die »die staatlich finanziert­en Netz-Denunziant­en«, denen sie ein »Gebt es auf! Ihr schüchtert uns nicht ein«, entgegenhä­lt. Es ist eine lange bekannte Methode, dass sich Rechte als Opfer einer linken Zensur sehen, sobald sie kritisiert werden.

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