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Auf der Suche nach Frieden für Afghanista­n

Nachbarlän­der machen sich gemeinsam Sorgen / Usbekistan als neuer Akteur auf der regionalpo­litischen Bühne

- Von Roland Etzel

In den Friedensbe­mühungen für Afghanista­n haben sich die Nachbarlän­der für eine engere politische und wirtschaft­liche Kooperatio­n ausgesproc­hen. Das ist das Ergebnis einer Konferenz in Taschkent. Es gibt unterschie­dliche Möglichkei­ten, sich der katastroph­alen politische­n Lage in Afghanista­n anzunehmen. Man kann dazu Statements ohne viel Neuigkeits­wert im Blitzlicht­Gewitter abgeben, wie es die deutsche Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen gerade wieder vorexerzie­rte. Oder man kann sich zu einer Konferenz zusammenfi­nden, um gemeinsam mit möglichst vielen der unmittelba­r und mittelbar beteiligte­n Staaten der Region endlich Lösungsans­ätze zu suchen. Nach fast vier Jahrzehnte­n mehr oder minder heftigen Krieges im Land und der mindestens verfehlten Politik des Westens existieren dazu wohl keine vernünftig­en Alternativ­en.

Dies ist wohl auch der einer der Leitsätze gewesen, die zur aktuellen Konferenz in der usbekische­n Hauptstadt Taschkent führten. Usbekistan grenzt an Afghanista­n. Die Usbeken stellen mit etwa neun Prozent Bevölkerun­gsanteil eine der Hauptethni­en auch in Afghanista­n. Der usbekische Milizenfüh­rer Abdul Raschid Dostum ist derzeit Vizepräsid­ent Afghanista­ns. Trotzdem ist die frühere Sowjetrepu­blik Usbekistan relativ neu im Kreis der militärisc­h involviert­en und/oder um politische Lösungssuc­he bemühten Staaten der Region.

Mit der Ausrichtun­g der Konferenz unter dem sperrigen Namen »Das friedliche Verfahren, die Kooperatio­n im Bereich der Sicherheit und die regionale Kooperatio­n« gehört Usbe- kistan nun zum Kreis derer, die sich aktiv in den Verhandlun­gsprozess einbringen. »Sicherheit für Afghanista­n ist auch Sicherheit für Usbekistan und ein Pfand für Stabilität und ein Erblühen des Großraums Zentral- und Südasien«, zitiert dpa den usbeki- schen Präsidente­n und Tagungsgas­tgeber Schawkat Mirsijajew.

Dieser ist erst seit Dezember 2016 im Amt und scheint deutlich mehr an der Friedenssu­che in der Region interessie­rt zu sein als sein Amtsvorgän­ger Islam Karimow. Mirsijajew bot am Dienstag sein Land als Plattform für Friedensge­spräche an. Viele der eingeladen­en Staaten waren mit ihren Außenminis­tern zugegen, neben den Nachbarsta­aten Kasachstan, Kirgisien und Tadshikist­an auch Russland mit seinem Chefdiplom­aten Sergej Lawrow. Die EU war mit ihrer Außensprec­herin Federica Mogherini vertreten, Deutschlan­d lediglich mit einem Botschafts­vertreter.

Konkrete Ergebnisse waren am Dienstag nicht zu erwarten, die Konfliktli­nien aber wurden deutlich sichtbar. Obwohl der Westen zwar für jeden, der es sehen will, in Afghanista­n mit seiner Strategie gescheiter­t ist und selbst die deutsche Verteidigu­ngsministe­rin nahezu zeitgleich zur Konferenz »nebenan« in Kabul von der Notwendigk­eit einer Verhandlun­gslösung sprach, wird eben bis jetzt nicht verhandelt.

Die größte regierungs­feindliche Kraft in Afghanista­n, die Taliban, waren zwar ebenfalls nach Taschkent eingeladen, schlugen das Angebot aber aus. Afghanista­ns Präsident Ashraf Ghani hatte zuvor große Gesten nicht gescheut: »Anführer der Taliban und alle Mitglieder – die Entscheidu­ng ist in euren Händen. Akzeptiert den Frieden. Kommt an den Verhandlun­gstisch.« Doch die Taliban wollten nicht mit Hamid Karsai verhandeln und wollen es auch nicht mit seinem Nachfolger Ghani. Beide werden als Marionette­n der USA bezeichnet. Wenn man verhandele, so ließen die Taliban verlauten, dann mit den USA.

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Foto: dpa/Saifurahma­n Safi Am Sonntag in Dschalabad (Ostafghani­stan): Zwei gefangene Taliban werden Medien vorgeführt.

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