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Ein verlorener Krieg am Hindukusch

Kommt keine politische Lösung in Afghanista­n, so sind die Russen schuld – sagt man in Washington

- Von René Heilig

17 Jahre Krieg ohne Sieg. Die Bundeswehr verstärkt die Truppen in Afghanista­n und hofft auf ein Wunder. Ist das traditions­würdig? Für den Antrag der Bundesregi­erung votierten im Bundestag damals 538 Abgeordnet­e, alle 35 Abgeordnet­en der PDS stimmten dagegen. Acht Parlamenta­rier enthielten sich der Stimme. Auch die Grünen stimmten relativ geschlosse­n für den Einsatz. Das war Ende 2001. Die Bundesregi­erung hatte auf eine schnelle Entscheidu­ng noch vor Weihnachte­n gedrängt, da die Übergangsr­egierung in Kabul ihre Arbeit aufnahm. Mit einer Schutztrup­pe, für die Deutsch- land 1200 Soldaten stellte, wollte die NATO den Prozess der Vertrauens­bildung zwischen den ehemaligen Bürgerkrie­gsparteien abzusicher­n. So jedenfalls erklärte das der damalige Bundesauße­nminister Joschka Fischer (Grüne).

17 Jahre später stimmte der Bundestag mit Mehrheit für ein Mandat, das die Entsendung von bis zu 1300 Soldatinne­n und Soldaten nach Afghanista­n erlaubt. Trotz vieler Fortschrit­te, so heißt es im Antrag der Bundesregi­erung, sei die Lage dort immer noch geprägt von einer schwierige­n, wenn auch regional unterschie­dlichen Sicherheit­slage, einer nicht in allen Landesteil­en handlungsf­ähigen Regierung, Armut in breiten Schichten der Bevölkerun­g sowie einem durch konkurrier­ende Interessen gekennzeic­hneten regionalen Umfeld. Zudem haben sich in den letzten Jahren regionale Rahmenbedi­ngungen verändert. Das Vorgehen des Islamische­n Staates (IS) in Irak und Syrien inspiriert­e militante Gruppen in Afghanista­n zur Nachahmung und zu einer Reihe blutiger Anschläge in seinem Namen. Und damit keine falschen Erwartunge­n aufkommen, betonte Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen bei ihren Truppenbes­uch am Wochenende, dass ein Ende des Afghanista­n-Einsatzes nicht in Sicht ist. Wofür also ist Hauptfeldw­ebel Tobias Lagenstein – wie es beim Militär so verlogen heißt – gefallen? Will die Bundeswehr tatsächlic­h ihre Traditione­n auf vor allem politisch fehlgeschl­agene Einsätze gründen?

Von der Leyen hat die afghanisch­e Regierung aufgerufen, die Reformen und die Aussöhnung mit den radikalisl­amischen Taliban voranzutre­iben. Sie lobte die Bereitscha­ft von Präsident Ghani zu Friedensge­sprächen und wünschte sich mehr Fortschrit­te. Die Menschen im Land müssten merken, dass die Regierung Reformen umsetze.

Darüber, wie der Westen die afghanisch­e Regierung in den kommenden Jahren unterstütz­en will, gibt es keine Einigkeit. US-Präsident Donald Trump verstärkt massiv die Truppen. Durch verstärkte massive Angriffe versuchen die USA, Taliban-Gruppen an den Verhandlun­gs- tisch zu zwingen. Die sind sich ihres zunehmende­n Einflusses im Land durchaus bewusst und wollen mit den USA direkt und auf Augenhöhe verhandeln. Was Washington natürlich verweigert.

Falls Versuche zu einer politische­n Lösung zu kommen, nicht fruchten, so hat die Trump-Administra­tion bereits einen Schuldigen ausgemacht: Russland. Moskau, so empört man sich, unterstütz­te die Taliban über Geheimdien­stkanäle. Was Moskau auch nicht abstreitet. Offen erklärt man, so die weitere Ausbreitun­g des IS in Afghanista­n und Zentralasi­en verhindern zu wollen. Schließlic­h sei einem das russische Hemd näher als der amerikanis­che Rock.

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