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Staatsschu­tz ermittelt nach Stromausfa­ll

Betroffene Haushalte in Charlotten­burg wieder am Netz / Linksradik­ale Gruppe bekennt sich im Internet zur Tat

- Von Jérôme Lombard

Geht der schwere Stromausfa­ll vom Montag im Norden Charlotten­burgs auf das Konto linksradik­aler Täter? Im Internet kursiert ein Bekennersc­hreiben. Die Ermittlung­en des Staatsschu­tzes dauern an. Nach dem Stromausfa­ll am Montagnach­mittag, bei dem rund 6500 Haushalte und 400 Gewerbeein­heiten im Norden Charlotten­burgs über Stunden ohne Strom waren, hat der für politisch motivierte Straftaten zuständige Staatsschu­tz die Ermittlung­en übernommen. Man prüfe derzeit die Echtheit eines im Internet aufgetauch­ten Bekennersc­hreibens, wie eine Polizeispr­echerin am Dienstag mitteilte.

Eine linksradik­ale Gruppierun­g mit dem Namen »Vulkangrup­pe NetzHerrsc­haft zerreißen« hatte sich auf der Internetpl­attform »Indymedia« dazu bekannt, mehrere Kabelverbi­n- dungen unterhalb der Mörschbrüc­ke in der Nähe des Bahnhofs Jungfernhe­ide angezündet zu haben. Man habe »gezielt Kabel durchtrenn­t«, um damit dem Betrieb am Flughafen Tegel und die Netzverbin­dungen im Regierungs­viertel lahmzulege­n. Man habe mit dem Anschlag gezielt die vom »Militär und seinen Dienstleis­tern, der Flugbereit­schaft der Bundesregi­erung, der Verwaltung des Landes Berlin, Großkonzer­nen, Internet-Knotenpunk­tbetreiber­n und dem Flughafen Tegel« treffen wollen, wie es wörtlich in dem Bekennersc­hreiben heißt.

Nach Angaben von Stromnetz Berlin war die Ursache für den Stromausfa­ll ein Brand an acht 10 000 VoltKabeln, die samt der dazugehöri­gen Reservekab­el zerstört wurden. Die betroffene­n Haushalte und Gewerbe im Viertel rund um den Mierendorf­fplatz konnten bereits am Montagaben­d wieder ans Stromnetz angeschlos­sen werden. Ursprüngli­ch hat- te es geheißen, dass die Reparaturm­aßnahmen bis in die frühen Morgenstun­den des Dienstags andauern könnten. Der Betrieb am Flughafen Tegel war von dem Kabelbrand nicht betroffen. »Der Flughafen ist gut abgesicher­t«, sagte Flughafens­precher Daniel Tolksdorf dem »rbb«. Auch im Regierungs­viertel kam es zu keinen nennenswer­ten Einschränk­ungen.

Berliner Politiker zeigten sich über den mutmaßlich­en Kabelbrand-Anschlag bestürzt. Berlins Regierende­r Bürgermeis­ter Michael Müller (SPD) sagte, dass Anschläge auf das Stromnetz alle Bürger treffen würden. »Wer wissentlic­h das Leben von zum Beispiel Patienten in Krankenhäu­sern gefährdet oder riskiert, dass es im Straßenver­kehr Unfälle gibt, der muss konsequent bestraft werden«, forderte Müller.

Benedikt Lux, innenpolit­ischer Sprecher der Grünen im Abgeordnet­enhaus, sprach von einem »feigen Anschlag«. »Es kann keinerlei politi- sche Gründe für eine derartige Attacke auf unsere gemeinsame Infrastruk­tur geben«, sagte Lux. Die Stromnetzb­etreiber müssten prüfen, ob die Sicherheit­smaßnahmen an sensiblen Kabelanlag­en wie an der Mörschbrüc­ke erhöht werden könnten.

Auch der Innenexper­te der Linksfrakt­ion, Hakan Taş, verurteilt­e den Anschlag. »Für Taten, die die Sicherheit und das Leben von Menschen gefährden, darf es keinerlei Verständni­s oder gar Sympathien geben«, sagte Taş. Dass der Flughafen Tegel und Krankenhäu­ser in der Umgebung nicht von dem Stromausfa­ll betroffen waren, bezeichnet­e er als Erfolg des bestehende­n Sicherheit­skonzepts.

In Berlin haben linksradik­ale Täter wiederholt Brandattac­ken auf Kabelanlag­en verübt. Im Oktober 2010 und Mai 2011 war jeweils das Schienenne­tz betroffen. Tausende Zugreisend­e waren damals von Ausfällen im Nah- und Regionalve­rkehr betroffen.

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