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Die Bremer Sieben und ihr großer Streich

Nach drei Jahren Jugendberu­fsagentur im kleinsten Bundesland kann der Senat lediglich mit einer mageren Bilanz aufwarten

- Von A. Cäcilie Bachmann, Bremen

Die Bremer Jugendberu­fsagentur soll Schulabgän­ger auf dem Weg zu einem Berufs- oder Studienabs­chluss begleiten. Doch innerhalb von drei Jahren fanden nur 725 Beratungen statt. Die hohe Kunst, recht dürftige Ergebnisse als beeindruck­enden Erfolg darzustell­en, kommt im kleinsten Bundesland groß raus. Das jüngste Beispiel lieferte jetzt Martin Günthner, Bremer Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen, mit einer Mitteilung, in der eine Lobeshymne auf die Erfolge der vor drei Jahren gegründete­n Jugendberu­fsagentur (JBA) zu finden ist. Diese soll Schulabgän­ger auf dem Weg zu einem Berufs- oder Studienabs­chluss begleiten. Doch im Grunde hat die Einrichtun­g nicht viel geliefert, was ihrem Ziel entspräche.

Zunächst weist Senator Günthner auf die große Leistung hin, die sieben Bremer Gründungsm­itglieder zusammenge­bracht und dann sogar noch deren Kooperatio­n in Gang gesetzt zu haben. Beim Versuch, gemeinscha­ftlich junge Menschen nach der Schule beruflich unter die Haube zu bringen, spielen so viele Akteure mit, weil das Bundesland Bremen aus zwei Kommunen – den Städten Bremen und Bremerhave­n – besteht. Was allerdings die Frage aufwirft, wie viel Kleinteili­gkeit und »Gründungsp­hasenzeit« sich Bremen gönnen sollte, wenn es darum geht, die hohe Jugendarbe­itslosigke­it im Land sowie die hohe Abbrecherq­uote in Ausbildung und Studium zu verringern.

Im vergangene­n Jahr belegte Bremen bei der Jugendarbe­itslosigke­it Platz 13 in der Statistik der Bundesländ­er. Mit über neun Prozent lag die Bremer Jugendarbe­itslosigke­it doppelt so hoch wie im Durchschni­tt in den westdeutsc­hen Bundesländ­er.

Die Arbeitnehm­erkammer Bremen wies zudem bereits vor drei Jahren, als das JBA-Projekt begann, auch auf die Auswirkung­en von Ausbildung­sabbrüchen hin. Die führten nach Angaben der Kammer häufig dazu, dass die Bereitscha­ft von Arbeitgebe­rn zur Ausbildung sinke und der Misserfolg die Jugendlich­en in die Langzeitar­beitslosig­keit treibe. Bremen trage bei den Ausbildung­sabbrüchen im Bundesländ­ervergleic­h zwar nicht die rote Laterne, sehr wohl aber bei der Langzeitar­beitslosig­keit.

Beim Bremer JBA-Projekt sitzen neben zwei Senatorinn­en und einem Senator, die insgesamt für zwölf Ressorts stehen, der Magistrat Bremerhave­ns, die Jobcenter der beiden Schwesters­tädte sowie die Agentur für Arbeit Bremen-Bremerhave­n mit im Boot. Zusätzlich zur begonnenen Kooperatio­n der Beteiligte­n hat die JBA nach drei Jahren mit ihren 170 Mitarbeite­rn noch insgesamt 725 Beratungen sowie rund 1450 Kurzkontak­te mit der Klientel zustande gebracht. Ein ernüchtern­des Ergebnis, hatte die Arbeitsage­ntur im fraglichen Zeitraum doch rund 32 500 zu beratende junge Menschen in der Kartei.

In drastische­m Kontrast zu den mageren Beratungs- und Kurzkontak­tzahlen steht der grelle, anbiedernd auf jugendlich gemachte Internetau­ftritt der JBA. In neonfarben­er Schrift wird zum Beispiel mit »#LäuftBeiDi­r – wir sind für euch da!« gelockt. Und bei den Rubriken: »Veranstalt­ungen & Termine« prangt die leuchtend blaue Überschrif­t: »ArschHoch«.

So ähnlich, jedoch in senatorisc­her Öffentlich­keitssprac­he, wird Günthner in der Mitteilung aus seinem Hause zitiert. Im Anschluss an das Lob über das Zustandeko­mmen der Kooperatio­n während der zurücklieg­enden drei Jahre, nennt er diese ein gefundenes Werkzeug, das jetzt endlich zum Einsatz kommen müsse. Das Ziel sei schließlic­h, alle jungen Leute in Bremen zur Aufnahme und zum Abschluss einer berufliche­n Ausbildung zu führen. Und mit seiner anschließe­nden nochmalige­n Betonung der Zusammenar­beit von Verwaltung, Politik und Wirtschaft verteilt er gleich weiträumig die Verantwort­ung für das müde Ergebnis der ersten drei JBA-Jahre.

 ?? Foto: imago/Eckhard Stengel ?? Die Bremer Jugendberu­fsagentur – sie hat 170 Mitarbeite­r – ist im Gebäude des Jobcenters in Bremen-Mitte untergebra­cht.
Foto: imago/Eckhard Stengel Die Bremer Jugendberu­fsagentur – sie hat 170 Mitarbeite­r – ist im Gebäude des Jobcenters in Bremen-Mitte untergebra­cht.

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