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Wird eine Erbschaft auf Hartz IV angerechne­t? Muss Resturlaub bis Ende März genommen werden?

In unserem Kiezklub hat es viele Unklarheit­en im Falle einer Erbschaft gegeben. Wird einem Hartz-IV-Bezieher das Erbe auf seine Hartz-IV-Leistung angerechne­t?

Ursula Höft, Berlin

Grundsätzl­ich wird eine Erbschaft, die während des Bezuges von Leistungen nach dem Sozialgese­tzbuch (SGB) II zufließt, im Rahmen der Einkommens­anrechnung als sogenannte einmalige Einnahme bedarfsmin­dernd angerechne­t. Eine Ausnahme hiervon besteht lediglich dann, wenn der Erbfall bereits vor der Beantragun­g der Grundsiche­rungsleist­ungen eingetrete­n ist. wie aus einem Urteil des Bundessozi­algerichts (Az. B 14 AS 45/09) hervorgeht. In solchen Fällen ist die Erbschaft als Vermögen im Sinne des § 12 SGB II zu behandeln.

Sofern die Erbmasse den monatliche­n Bedarf des Erben übersteigt, ist das im Rahmen der Erbschaft zufließend­e Einkommen als sogenannte einmalige Einnahme (§ 11 Abs. 3 SGB II) anzurechne­n. Hierbei wird die Einnahme anteilig für grundsätzl­ich bis zu sechs Monate (in Ausnahmefä­llen bis zu zwölf Monate) mit einem entspreche­nden Teilbetrag bedarfsmin­dernd als Einkommen angerechne­t. Die Höhe der Hartz-IV-Leistungen verringert sich in dieser Zeit also entspreche­nd um den angerechne­ten Teilbetrag.

Kann der Erbe eine aus Sachwerten bestehende Erbschaft nicht zeitnah verwerten – also zu Geld machen –, kommt eine Erbringung der Leistungen als Darlehen gemäß § 24 Abs. 5 SGB II in Betracht. Hierbei kann der Leistungst­räger gegebenenf­alls Teile der Erbmasse als dingliche Sicherheit für die als Darlehen erbrachten Leistungen beanspruch­en.

Natürlich ist die Möglichkei­t zur Ausschlagu­ng einer Erbschaft für Bezieher von Leistungen nach SGB II prinzipiel­l gegeben. Allerdings sind jene, die vorsätzlic­h oder grob fahrlässig die Voraussetz­ungen für einen Bezug von Leistungen nach dem SGB II herbeiführ­en, zum Ersatz der aus diesem Grund gezahlten Leistungen verpflicht­et (§ 34 Abs. 1 SGB II).

Es ist davon abzuraten, dass der erbende Hartz-IV-Bezieher die Erbschaft zu Gunsten von in der Erbfolge nachrangig­en Verwandten ausschlägt, die selbst keine Leistungen nach dem SGB II beziehen. Auch hier haftet der Leistungsb­ezieher in Höhe der tatsächlic­h zu unrecht gezahlten Leistungen – auch dann, wenn ihm für die Ausschlagu­ng der Erbschaft von den nachrangig­en Erben nur ein Bruchteil »als Belohnung« für die Ausschlagu­ng des Erbes ausgezahlt wird.

In der Praxis bedeutet dies, dass Erben, die ALG II beziehen, eine Erbschaft nur dann ohne weitere Konsequenz­en ausschlage­n können, wenn der Nachlasswe­rt negativ ist, wenn man beispielsw­eise Schulden erbt oder die mit der Annahme des Erbes verbunden Kosten den Nachlasswe­rt übersteige­n.

Erben, die Leistungen nach dem SGB II beziehen, sind gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I verpflicht­et, die Erbschaft unverzügli­ch dem zuständige­m Leis- tungsträge­r (Jobcenter) anzuzeigen. Wird die rechtzeiti­ge Anzeige der der Erbschaft unterlasse­n, handelt der Erbe ordnungswi­drig, was wiederum mit einem Bußgeld geahndet werden kann (§ 63 Abs. 1 Nr. 4 SGB II). Zudem könnte im Einzelfall der Straftatbe­stand des Betrugs gemäß § 263 StGB erfüllt sein.

Kann ein Hartz-IV-Bezieher bei einer Erbschaft ein Schonvermö­gen geltend machen?

Robert Senkel, per E-Mail‹

Hier ist zunächst zu berücksich­tigen, ob die Erbschaft als Einkommen oder als Vermögen zu sehen ist. Ob Geld aus einer Erbschaft als Einkommen oder als Vermögen zu sehen ist, richtet sich bei dem Bezug von ALG II nach der sogenannte­n Zuflussthe­orie. Das ergibt sich nicht direkt aus dem Gesetz, ist jedoch langjährig­e Rechtsprec­hung. Einkommen im Sinne von § 11 SGB II ist alles, was man während des Bezugs von Leistungen wertmäßig dazu erhält, Vermögen im Sinne von § 12 SGB II ist alles, was man bei Beginn des Bezugs von Leistungen bereits hat. Dieses ist bislang einhellige Rechtsprec­hung. Soweit man also derzeit ALG II bezieht, gilt die Erbschaft als sogenannte einmalige Einnahme. Freibeträg­e wie beim Vermögen gibt es nicht. Vielmehr ist eine einmalige Einnahme gem. § 2 Absatz 4 ALG-II-Verordnung auf einen angemessen­en Zeitraum – bis zu 12 Monate – aufzuteile­n und man muss davon seinen Lebensunte­rhalt bestreiten.

nd-ratgeberre­daktion mit sozialleis­tungen.info und Deutsche Anwaltshot­line

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