nd.DerTag

Eine Reise als Versicheru­ng

Alexander Isele über Kim Jong Uns Besuch in Peking

-

Kim Jong Un fühlt sich offenbar wohl daheim. Seit er dort 2011 die Macht übernahm, hat er Nordkorea nie verlassen, zumindest nicht offiziell. Das könnte aber auch daran gelegen haben, dass er bisher nirgends willkommen war. Überrasche­nd, aber nicht unerwartet besuchte Kim nun Xi Jinping in Peking. Das Verhältnis zwischen China und Nordkorea hatte sich nach diversen Raketentes­ts Pjöngjangs in den vergangene­n Jahren deutlich abgekühlt. Und auch die diplomatis­che Initiative, mit der Nordkoreas Machthaber seit Januar aufwartet und die zu Gipfeltref­fen mit Südkoreas Präsidente­n Moon Jae In und dem US-Präsidente­n Donald Trump führen soll, ließ China nur als Nebendarst­eller zurück.

Für beide Seiten dürfte der Besuch einen Ausweg aus ihren unterschie­dlichen Befürchtun­gen bieten. Kim braucht eine Rückversic­herung, sollten die Gespräche mit Moon und, vor allem, mit Trump scheitern. In diesem Fall könnte China einspringe­n und eine Vermittler­rolle einnehmen – oder dem Land Sicherheit­sgarantien bieten.

Und China? Genervt von Kims Alleingäng­en, hatte Peking die US-Sanktionen gegen Nordkorea mitgetrage­n, mit empfindlic­hen Auswirkung­en auf die dortige Wirtschaft. Dass Kim drei Tage, nachdem die USA Strafzölle gegen China eingeführt haben, auf Einladung des chinesisch­en Präsidente­n nach Peking reiste, ist auch eine Warnung Xis an Trump: Weltpoliti­k ist im 21. Jahrhunder­t nicht mehr ohne China möglich.

Newspapers in German

Newspapers from Germany