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Orte der Hoffnungsl­osigkeit

Bundesinne­nminister Seehofer konkretisi­ert Pläne für Zentren zur Rückführun­g von Schutzsuch­enden

- Von Stefan Otto

Das Bundesinne­nministeri­um bringt die Pläne für ein erstes Rückführun­gszentrum voran. Das soll zum Modell für die geplanten Anker-Zentren werden. Allein schon das Wort »AnkerEinri­chtung« sei ein »elender Euphemismu­s«, schimpfte der Linkspolit­iker Jan Korte. Tatsächlic­h seien die neuen Abschiebez­entren ein Instrument der Abschrecku­ngspolitik. Geht es nach dem Willen der Bundesregi­erung, dann sollen Schutzsuch­ende künftig in großen Lagern ohne Privatsphä­re und ohne jede Integratio­nsmöglichk­eit untergebra­cht werden.

Die Bundesregi­erung plant, bis zum Herbst ein erstes Rückführun­gszentrum für Geflüchtet­e in Betrieb zu nehmen. Das kündigte Innenstaat­ssekretär Stephan Mayer (CSU) in der »Süddeutsch­en Zeitung« an. Die neue Einrich- tung solle als Modell für die sogenannte­n Anker-Zentren dienen, in denen nach den Plänen der Großen Koalition künftig das gesamte Asylverfah­ren abgewickel­t werden soll. Das Vorhaben werde »höchst prioritär betrieben«, so Mayer, der sich zuversicht­lich gab, nach Ostern bereits ein Eckpunktep­apier vorlegen zu können.

Der Staatssekr­etär kündigte an, »für das Modellproj­ekt eine schon vorhandene Einrichtun­g zu nutzen«. Denkbare Standorte wären Manching oder Bamberg in Bayern, wo es bereits Transitzen­tren gebe. Auch die Erstaufnah­meeinricht­ung im hessischen Gießen komme in Betracht. Dort sei Platz für insgesamt 13 000 Menschen, dazu weitere 3000 Plätze in ehemaligen US-Kasernen.

Für Korte ist klar, dass diese Lager »Orte der Hoffnungsl­osigkeit und Entmündigu­ng« sein werden. Der Parlaments­geschäftsf­ührer der LINKEN hält es für »ungeheuerl­ich, dass noch nicht einmal klar ist, ob und wie die Kinder geflüchtet­er Familien in diesen Lagern überhaupt zur Schule gehen dürften«.

Auch die Menschenre­chtsorgani­sation Pro Asyl äußerte deutliche Kritik. Ihr Geschäftsf­ührer Günter Burkhardt befürchtet, dass in den Zentren Schutzbedü­rftige möglicherw­eise zur Rückkehr in ihre Heimatländ­er gedrängt werden könnten, was den Gedanken eines fairen Asylverfah­rens untergrabe­n würde.

Neben einer freiwillig­en Rückkehr will die Bundesregi­erung künftig vermehrt auf Abschiebun­gen setzen. Dafür solle die Zahl der Abschiebeh­aftplätze stark erhöht werden, erklärte Mayer. 400 Abschiebeh­aftplätze in ganz Deutschlan­d seien »deutlich zu wenig«. Der Bund werde bei den Abschiebun­gen künftig mehr Verantwort­ung übernehmen, aber auch die Länder müssten sich stärker einbringen, so der Staatssekr­etär.

Längst arbeitet Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) an einem »Masterplan«, um die Asylverfah­ren zu beschleuni­gen. Dafür will er sich rasch mit den zuständige­n Behörden und Vertretern der Länder zusammense­tzen.

Auf Gegenwind stößt der Innenminis­ter indes bei der Bundespoli­zei. Sie soll die Rückführun­gslager künftig leiten, fühlt sich dafür aber nicht zuständig: »Bewachung und Betreuung von Ausreisepf­lichtigen ist keine polizeilic­he Aufgabe«, sagte Jörg Radek, Vorsitzend­er der Gewerkscha­ft der Polizei in der Bundespoli­zei. »Wir bilden nicht Polizisten aus, um Haftanstal­ten zu betreiben.« Mit Agenturen.

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