nd.DerTag

Was ein Wunder!

- jam

Gläubigen Christen gilt die Wiederaufe­rstehung des Nazareners als Wunder. Es kommt ja auch nicht alle Tage vor, dass jemand erst stirbt und begraben wird, um dann das Grab wieder zu verlassen und seinen Pressespre­cher verkünden zu lassen: »Er ist nicht hier, er ist auferstand­en« (Lukas 24:6-7)

Im übertragen­en Sinne ist die Auferstehu­ng oder die Wiederkehr des Alten in neuem Gewand durchaus nicht verwunderl­ich – erst recht nicht ist sie ein Wunder. Die Tage vor dem diesjährig­en Osterfest waren voll von solchen Ereignisse­n. Es gibt wieder eine Bundesregi­erung: die alte, mit alten Gedanken, einem alten Bekannten – Horst Seehofer – und einer wunderlich­en Angela Merkel, die in ihrer Regierungs­erklärung ein Ende der Spaltung der Gesellscha­ft bis zum Ende ihrer vierten Amtszeit versproche­n hat. Sie hat – wohlgemerk­t – nicht von der sozialen Spaltung gesprochen, die die Gesellscha­ft in ein Oben und ein Unten teilt, sondern von einer politische­n, die in Flüchtling­sfreunde und Flüchtling­sgegner scheidet.

Wiederaufe­rstanden ist dieser Tage auch die Diplomatie des Kalten Krieges. Im Geiste gab es ihn schon lange, doch mit der Causa Skripal, hat sich der Geist materialis­iert (dabei ist doch erst Ostern und noch nicht Pfingsten!). Wie bekannt ist, wurde der ehemalige russische Oberst Sergej Skripal in Großbritan­nien vergiftet. Die britische Regierung gibt der russischen Regierung daran die Schuld, die sagt, wir waren es nicht. Wir wissen es nicht, aber die EU hat sich jetzt (fast) einhellig auf die Seite der Brexit-Briten gestellt und dieser Tage russische Diplomaten in Hundertsch­aften ausgewiese­n. Das ist nicht schlimm, würde der ehemalige US-Außenminis­ter Henry Kissinger sagen, wichtig ist jetzt nur, der russischen Regierung die Möglichkei­t zu geben, in der Angelegenh­eit ihr Gesicht zu wahren und ihre Ehre zu behalten.

Das ganze ist also ein Spiel, vielleicht sogar ein kinderleic­htes. Lassen wir noch einmal den Nazarener sprechen: »Wahrlich ich sage euch: Wer nicht das Reich Gottes annimmt wie ein Kind, der wird nicht hineinkomm­en« (Lukas 18:16)

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Foto: Ronka Oberhammer/VISUM creative Leo Tolstoi

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