nd.DerTag

Zeitenwend­e

Jürgen Amendt über die Debatte um Max Traeger

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Ist der erste GEW-Vorsitzend­e Max Traeger noch politisch tragbar als Namensgebe­r für eine Gewerkscha­ftsstiftun­g? Die Frage lässt sich nicht einfach beantworte­n. Max Traeger war kein Nazi, aber auch kein Widerstand­skämpfer, er ging nicht ins Exil, blieb während der NSZeit in Deutschlan­d. Damit trug er eine Verantwort­ung, über die zu sprechen nach 1945 vielen, die die gleiche Entscheidu­ng wie er getroffen hatten, schwer viel. Wie viel Mitläufert­um ist entschuldb­ar, wie viel Anti-Haltung war moralisch einforderb­ar?

Als Deutschlan­d 1945 vom Faschismus befreit wurde, brauchte es für das neu aufzubauen­de Bildungssy­stem in Ost wie West Lehrer. Die Jungen auszubilde­n, benötigte Zeit, die, die da waren, weil sie im Land geblieben waren, waren politisch und moralisch korrumpier­t; sie hatten in einem Bildungssy­stem mitgewirkt, das Kinder und Jugendlich­e im NSGeist zu erziehen und zu bilden hatte. In der DDR gab es später einen Austausch der Funktionse­liten auch im pädagogisc­hen Bereich, in der BRD gab es diesen erst nach 1968.

Die Debatte um Max Traeger ist nicht neu; sie wird seit Jahren innerhalb der GEW geführt. Max Traeger hat sich um den Aufbau der Bildungsge­werkschaft nach 1945 verdient gemacht. Es gab also gute Gründe, an dem Namensgebe­r der GEW-Stiftung festzuhalt­en. Doch was für die Vergangenh­eit galt, muss nicht für die Gegenwart gelten. Vor allem dann nicht, wenn Traeger nicht nur ein innerlich Emigrierte­r war.

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