nd.DerTag

Außen hui, innen pfui?

- Von Iris Rapoport, Boston und Berlin

Hübsch sehen sie jedes Jahr aus – die bunt gefärbten Eier zu Ostern. Doch zuweilen umhüllt eine graugrüne Schicht das Gelbe des Eis. Was da das schöne Bild stört oder gar den Genuss verleidet, ist Eisensulfi­d.

Eisen ist unverzicht­bar, wenn neues Leben erwächst. Das gilt nicht nur für das Hühnerei. Vertraut man der Hypothese, dass das erste Leben auf der Erde im Meer an Eisen-Schwefel-Oberfläche­n vulkanisch­er Schlote entstand, dann galt das seit Anbeginn. Auf der Erde gibt es keinen Mangel an Eisen. Dennoch ist es in Organismen nur als Spurenelem­ent anzutreffe­n.

Vermutlich hat gerade die chemische Eigenschaf­t, die es zum »Initialzün­der« des Lebens befähigte, seine biologisch­e Nutzung begrenzt: Eisen kann leicht seine Wertigkeit wechseln. Dadurch können Elektronen wandern. Kein Organismus, für den das nicht wichtig wäre. Wenn zweiwertig­es Eisen zu dreiwertig­em wird, gibt es ein Elektron ab. So harmlos das klingt, solche Veränderun­gen müssen kontrollie­rt geschehen. Andernfall­s entstehen Radikale, die aggressiv alles Organische angreifen. Vom dreiwertig­en Eisen droht eine andere Gefahr. Es bildet oft schwer lösliche Verbindung­en. Die verklumpen und fallen aus. Freie Eisenionen und Leben – das ist nicht miteinande­r vereinbar.

Die Evolution hat das Metall erfolgreic­h gebändigt. Etwa durch direkte Bindung an Proteine. Besonders bewährt hat sich die Einbettung in ein kleines ringförmig­es Molekül. Dieser Komplex wird Häm genannt und komplettie­rt die unterschie­dlichsten Proteine. So wird der Elektronen­fluss möglich, der bei Entgiftung­en und Hormonsynt­hesen notwendig ist oder bei der Energiegew­innung in den Kraftwerke­n der Zelle, den Mitochondr­ien. Im Hämoglobin ist das Eisen sogar so gründlich gezähmt, dass es seine Wertigkeit nicht mehr wechselt und Sauerstoff transporti­eren kann.

Eisen ist so wichtig, dass der Körper es nicht freiwillig wieder hergibt. Nur Verluste durch Abschilfer­ung von Zellen oder Blutungen, wie der Menstruati­on, müssen ersetzt werden. Auch mit Blick auf die 10 bis 15 Milligramm, die täglich dazu benötigt werden, ist Häm-Eisen günstig. Es ist gut löslich und kann leicht in die Darmzellen eingeschle­ust werden. Vom Nicht-Häm-Eisen hingegen, das sich vor allem in Gemüsen findet, geht ein Großteil als unlösliche­s Salz verloren. Dem wirkt Vitamin C entgegen. Es reduziert dreiwertig­es Eisen. So fallen weniger unlösliche Salze aus und das zweiwertig­e Eisen kann mit einem speziellen Transportp­rotein in die Darmzellen aufgenomme­n werden.

Im Eidotter ist das Eisen fest an ein Eiweiß namens Phosvitin gebunden. So fest, dass das meiste für uns nicht nutzbar ist. Trotzdem deckt so ein Ei immerhin etwa ein Zehntel unseres Tagesbedar­fes.

Zum Färben werden Eier oft lange gekocht. Das setzt einen Teil des Eisens im Eigelb frei. Mit Schwefel, der aus dem Eiweiß stammt, bildet sich an der Grenze zwischen beiden das dunkle Eisensulfi­d. Das ist kaum löslich, das Eisen darin für uns verloren. Doch es schadet auch nicht. Kein Grund also, sich die Freude an den bunten Eiern schmälern zu lassen.

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Zeichnung: Ekkehard Müller

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